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Katrin Kunert in der Debatte zur Förderalismuskommission II

Rede von Katrin Kunert,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrter Herr Steinbrück,

die Kommunen stehen ständig vor der Tür. Oftmals ist die Tür zu. Deshalb will ich vorab sagen: Die Linke ist ohne Wenn und Aber für starke Kommunen in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Föderalismuskommission II soll die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern modernisieren und die Eigenverantwortung der Gebietskörperschaften und ihre aufgabengerechte Finanzausstattung stärken. Auch die Kommunen sind Gebietskörperschaften. Daher müssen die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu geordnet werden. Außerdem treten die Kommunen im System der Finanzverfassung unmittelbar in Erscheinung. Neben dem Bund und den Ländern fließen gemäß Art. 106 des Grundgesetzes auch den Kommunen Steuereinnahmen zu. Wir fordern eine unmittelbare und umfassende Beteiligung der Kommunen. Die kommunalen Spitzenverbände müssen mit Rede- und Antragsrecht ausgestattet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es muss bei dieser Reform um eine grundsätzliche Neuordnung der Finanzen gehen und nicht um Kosmetik. Wir wollen den Anteil der Kommunen an den Einnahmen aus den Gemeinschaftsteuern wirksam erhöhen. Derzeit beträgt dieser Anteil in Deutschland 13,2 Prozent. In Skandinavien hingegen liegt er zwischen 40 und 60 Prozent. Wir sagen: Die Verteilung der Finanzen muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Es muss auch Aufgabe der Kommission sein, eine nachhaltige Gemeindefinanzreform auf den Weg zu bringen. Wenn es aber bei der vorgeschlagenen Besetzung der Kommission bleibt, wird niemand die Interessen der Kommunen in diesen existenziellen Fragen vertreten.

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Genau!)

Weder Bund noch Länder können dies tun. Die Interessenlagen sind viel zu unterschiedlich. Den Ländern wird es in erster Linie um ihre Finanzausstattung gehen und nicht darum, wie die Kommunen aufgestellt sind.

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Genau!)

Das sind die "klebrigen Hände", die Sie, Herr Steinbrück, vorhin erwähnt haben.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Günter Krings (CDU/CSU): Ich dachte, Sie glauben an die Solidarität!)

In der Vergangenheit haben Bund und Länder über die Kommunen hinweg Entscheidungen getroffen. Die Folge sind zum Beispiel Mehrbelastungen bei den Kosten der Unterkunft. Es ist überhaupt nicht akzeptabel, dass der Anteil, den die Kommunen an den Verwaltungskosten der Argen zu tragen haben, demnächst erhöht werden soll. Dieser Kurs zulasten der Kommunen darf nicht fortgesetzt werden. Die Bundespolitik muss sich daran messen lassen, wie gut oder schlecht sie bis in die unteren Ebenen wirkt und wie sie bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich frage Sie: Welche zwingenden Gründe gibt es, diese Kommission nicht mindestens so zu besetzen wie die erste Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung? Damals gab es für viele hier im Haus anscheinend gute Gründe - ich darf zitieren -:

"Schließlich haben wir die Interessen unserer Kommunen zu achten, ohne deren aktive Mitwirkung am demokratischen Prozess unsere Demokratie von unten her ausgetrocknet würde. Deswegen dürfen wir sie auch finanziell nicht austrocknen."

So hat sich damals der Kollege Thierse geäußert. Dem können wir nur zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

"Die vorgesehene Beteiligung der Landtage und kommunalen Spitzenverbände halten wir für angemessen."

Diese Position stammt von Herrn Böhmer, dem Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt.

Jetzt aber geht es um Geld. Die Kommunen sollen zwar weiterhin möglichst viele Leistungen erbringen und möglichst viel in eigener Sache entscheiden, aber die Ressourcen und das Geld dazu sollen ihnen entzogen werden. Die Formulierung, die Sie in Ihrem Antrag im Hinblick auf die Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände gefunden haben - dort heißt es, dass sie "in geeigneter Weise" einbezogen werden sollen -, ist uns nicht verbindlich genug.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

fast jeder zweite von Ihnen war oder ist in einer kommunalen Vertretung tätig. Ich bitte Sie, unserem Antrag im Interesse der Kommunen zuzustimmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)