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Katja Kipping: Hartz IV war eine miese Idee.

Rede von Katja Kipping,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines sollten wir hier am Anfang endlich mal festhalten: Hartz IV war eine richtig miese Idee, und das von Anfang an.

(Beifall bei der LINKEN – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Nein!)

Aus Zeitgründen nur ein Beispiel von vielen für das tägliche Verzweifeln daran. Ich zitiere dazu aus dem Brief eines Mannes aus Sachsen, der als Trainer arbeitete und unglücklicherweise in Hartz IV rutschte. Er schreibt: Was ich jetzt erlebe, konnte ich mir lange für Deutschland nicht vorstellen. Nachdem ich beim Angebot als Etikettenkleber, was für mich der direkte Weg in die Altersarmut gewesen wäre, eine vernünftige Bezahlung gefordert habe, wurde ich von Amts wegen sanktioniert. Dabei hatte ich nur das Durchschnittseinkommen von Sachsen angenommen. Ich habe mittlerweile zwei Empfänger kennengelernt, die aus Angst schon eine Nacht vorher nicht schlafen können, wenn sie zum Amt müssen. Zurück bleibt bei diesen Menschen versteckte Wut. – Zitat Ende. Zurück bleibt Wut.

Ja, Hartz IV hinterlässt Spuren, nicht nur auf den Rentenkonten, sondern auch auf den Seelen der Menschen. Deswegen müssen wir Hartz IV mit seinem Sanktionssystem, dem Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft und den kleingerechneten Regelsätzen endlich überwinden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Seit Beginn sagen wir als Linke: Hartz IV gehört ersetzt durch gute Arbeit, durch eine bessere Arbeitslosenversicherung und durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung; denn kein Mensch sollte im Monat unter 1 200 Euro fallen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Linke mit ihrer Kritik an Hartz IV im Bundestag recht alleine. Inzwischen hat sich rumgesprochen, dass wir dazu Alternativen brauchen. Darauf können wir als Linke auch ein bisschen stolz sein. Als ich das vorliegende Konzept der Grünen las, habe ich mich ein bisschen an unsere sanktionsfreie Mindestsicherung erinnert gefühlt und gedacht: Mensch, das macht echt Lust auf neue linke Mehrheiten; denn gemeinsam könnten wir Millionen im Land die Last der Armut und der Sanktionen nehmen. Wenn wir Millionengewinne und Millionenerbschaften stärker besteuern, wäre es finanzierbar, alle hierzulande vor Armut zu schützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Doch solange die Union in der Regierung ist, wird sie genau das blockieren. Insofern sage ich an die Adresse der Grünen: Wenn ihr auf Schwarz-Grün setzt, werdet ihr dieses schöne, dieses gute Konzept der Garantiesicherung leider in die Tonne treten können. Um Hartz IV zu überwinden, brauchen wir soziale Mehrheiten links der Union.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Abschließend ein Satz an die Erwerbsloseninitiativen und sozialen Beratungsstellen im Land: Eurer Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass nun auch Parteien, die einst Hartz IV einführten, davon abgerückt sind. Ich weiß, eure Arbeit ist gerade verdammt schwer, aber ich rufe euch zu: Lasst nicht locker, macht weiter Druck, bleibt dran; denn Hartz IV war eine richtig miese Idee. Höchste Zeit, damit Schluss zu machen! Höchste Zeit für eine sanktionsfreie Mindestsicherung!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)