Zum Hauptinhalt springen

Katja Kipping: Für eine sozial-ökologische Gerechtigkeitswende

Rede von Katja Kipping,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung danken, dass er diese Debatte angeschoben hat.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Angesichts des Klimawandels sowie der Armut weltweit und hierzulande wäre eine wirkliche Nachhaltigkeitsstrategie angebracht. Leider wird das, was die schwarz-rote Bundesregierung vorgelegt hat, diesem Anspruch nicht gerecht. Das ist blamabel.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aus Zeitgründen kann ich das nur an zwei Punkten verdeutlichen. Nehmen wir den Klimaschutz. Der UN-Klimareport kommt zu dem Ergebnis, dass in Bälde in Afrika bis zu 200 Millionen Menschen von akuter Dürre und Trinkwassermangel bedroht sind. Der Teilnehmer einer Klimaschutzkonferenz brachte die Situation wie folgt sehr plastisch auf den Punkt: Wenn meine Heimat ein Backofen wird, was glauben Sie, dass ich dann mache? Glauben Sie, dass ich hier sitze, bis ich verdurstet bin? Natürlich nicht! – Das heißt also: Der Klimawandel wird zu einem extremen Migrationsdruck führen. Klimawandel und Umweltzerstörung werden die Fluchtursache Nummer eins der Zukunft werden. Deswegen sind Klimagerechtigkeit und Klimaschutz zutiefst Fragen der globalen Gerechtigkeit und der sozialen Gerechtigkeit, die wir mit aller Entschiedenheit angehen müssen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der CO 2 -Ausstoß muss reduziert werden. Dieses Ziel erreichen wir aber nicht durch das Bedrucken von geduldigem Papier. Dieses Ziel werden wir nur erreichen, wenn wir eine Verkehrswende einleiten. Wir brauchen weniger Verkehr auf der Straße und eine Umverlagerung zu umweltfreundlichen Verkehrsträgern, bis hin dazu, dass wir unnötigen Verkehr vermeiden. Wir müssen auch die Energiewende in Angriff nehmen. Wir müssen hin zur Nutzung erneuerbarer Energien, und wir brauchen dezentrale Formen der Energieversorgung. Nur wenn uns das gelingt, werden wir auch den CO 2 -Ausstoß reduzieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zu einer nachhaltigen Entwicklung gehört auch der entschiedene Kampf gegen Armut. Schauen wir uns einmal die Ziele, die sich die schwarz-rote Bundesregierung da vornimmt, an – das habe nicht ich mir ausgedacht, sondern in Ihrer Liste stehen dazu zwei kleine Punkte –: Im Hinblick auf den Kampf gegen materielle Unterversorgung sagt die Bundesregierung, ihr Ziel sei, die entsprechenden Zahlen hierzulande deutlich unter dem Durchschnitt der EU 28 zu halten. Im Klartext heißt das: Schwarz-Rot reicht es, wenn es im Durchschnitt der gesamten EU den anderen schlechter geht.

Ja, was soll das denn, bitte schön, den Menschen, die hierzulande von Armut betroffen sind, sagen? Der Rentnerin, die nach einem langen Arbeitsleben mit 800 Euro im Monat über die Runden kommen muss, sagen Sie also: „Alles super! Im EU-Durchschnitt geht es anderen noch schlechter!“? Sagen Sie einem Kind, das in einer Hartz‑IV-Familie lebt, das aus den Turnschuhen herausgewachsen ist und dessen Eltern sich die neuen Turnschuhe vom Munde absparen müssen: „Stell dich nicht so an! Im Durchschnitt der EU 28 sieht es noch schlimmer aus!“? Was für eine beschämende Kapitulation vor der Armut!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich meine, eine Gesellschaft, in der alle vor Armut geschützt sind, ist möglich. Wir Linke wollen uns nicht damit abfinden, dass auch nur ein Kind hierzulande in Armut aufwachsen muss. Deswegen kämpfen wir für eine Gesellschaft, in der jedes Kind einen guten Start ins Leben hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Übrigens: Auch wenn es um den Kampf gegen Ungleichheit geht, sind Ihre Ziele von beredter Bescheidenheit. Auch da reicht es Ihnen, wenn es den anderen im Durchschnitt schlechter geht.

Ich fasse zusammen: In der vorliegenden Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung stehen schöne Sätze und schöne Metaphern zur Problembeschreibung; das kann man nicht leugnen. Aber wenn es um Lösungen geht, dann werden Sie auffällig kleinlaut. Kurzum: Geht es um eine Lösung der großen Menschheitsaufgaben – Klimaschutz und Kampf gegen Armut –, wird man von dieser Regierung nichts erwarten können. Ich aber meine bzw. die Linke meint, der Klimaschutz und der Kampf gegen Armut müssen mit aller Entschiedenheit angegangen werden. Deswegen streiten wir voller Energie für eine sozialökologische Gerechtigkeitswende.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)