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Katastrophale Zustände im Güterstraßenverkehr endlich beenden!

Rede von Pascal Meiser,

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Streik von 60 usbekischen und georgischen Kraftfahrern auf der Autobahnraststätte Gräfenhausen an der A 5 hat jüngst mit einem Schlag Licht auf die unerträglichen Zustände geworfen, die im Straßengüterverkehr herrschen. Nach über fünf Wochen Protest haben die Fahrer gegenüber ihrem polnischen Arbeitgeber nun erfolgreich die Zahlung der ihnen noch zustehenden Löhne in Höhe von rund 100 000 Euro durchgesetzt. Auch dafür gebührt ihnen der allergrößte Respekt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Doch Gräfenhausen ist kein Einzelfall. Auf Deutschlands Straßen werden tagtäglich grundlegende Arbeitsrechte mit Füßen getreten, werden Kraftfahrer um ihren Lohn geprellt, fehlen für sie angemessene Schlafplätze und ein freier Zugang zu Sanitäranlagen. Besonders betroffen: Kraftfahrer aus osteuropäischen Staaten, die Waren quer durch unser Land fahren. Ich habe mir schon vor geraumer Zeit auf einer Autobahnraststätte persönlich ein Bild von diesen Zuständen gemacht. Wer behauptet, das sei alles übertrieben, dem kann ich nur dringend raten, sich selbst mit den Fahrern zu unterhalten.

Gerade deshalb ist es mir unverständlich, weshalb das Bundesarbeitsministerium die Umsetzung der europäischen Vorgaben so lange verschleppt hat. Ebenso unverständlich ist, dass Sie bei der Umsetzung an einer Stelle sogar noch zum Schlechteren von diesen Vorgaben abweichen. Warum wollen Sie ohne Not bei der konzerninternen Entsendung und bei der entsandten Leiharbeit hinter die an sich schon unzureichenden Regelungen, die von europäischer Ebene kommen, zurückfallen? Es ist rechtlich sehr kompliziert – das weiß ich –; aber ich empfehle Ihnen dringend, auch im Interesse der Kraftfahrer, dass Sie sich das im weiteren Verfahren noch einmal sehr genau anschauen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dessen ungeachtet sollte jedem klar sein: Wer die organisierte Verantwortungslosigkeit beenden will, der darf es nicht bei der pflichtschuldigen Umsetzung dieser europäischen Richtlinie belassen. Die ganze Richtlinie muss dringend nachgebessert werden; denn sie hat riesige Schutzlücken, und sie schafft ein Wirrwarr unterschiedlicher Regelungen auf deutschen Straßen. Um zu wissen, ob dem Fahrer der deutsche Mindestlohn zusteht, müssen erst einmal zahlreiche Fragen geklärt werden: Werden Güter im Dreieck zwischen drei Ländern transportiert? Ist der Fahrer nur auf der Durchfahrt durch Deutschland? Handelt es sich um einen rein bilateralen Transport, und, wenn ja, mit Fahrtenschreiber, und wie viele Stopps legt er ein? Oder ist es eine Kabotage-Fahrt? Hier den Überblick zu behalten, ist selbst für Fachleute kein Leichtes. Damit dürfen wir uns nicht abfinden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die organisierte Verantwortungslosigkeit geht aber leider auch bei den Kontrollen weiter. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit prüft, ob der Mindestlohn bezahlt wird, das Bundesamt für Logistik und Mobilität kontrolliert die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten, und die Polizei schaut etwa auf die Ladungssicherung. Jeder macht in der Regel nur seins. Und selbst allein die Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit sind hier rückläufig, wie meine jüngste Anfrage gezeigt hat. So lassen sich diese Wildwestzustände sicher nicht beenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr Kontrollen wären zumindest ein Anfang, um für bessere Bedingungen im Straßengüterverkehr zu sorgen. Zumindest dabei können Sie sich nicht hinter schlechten europäischen Vorgaben verstecken. Also bitte: Packen Sie auch das endlich an!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)