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Karin Binder: Risiken der Nanotechnologie endlich offenlegen

Rede von Karin Binder,

Liebe Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Besuchertribüne! Liebe Frau Wanka, ich spreche hier heute als Verbraucherpolitikerin insbesondere zum Aktionsplan Nanotechnologie 2020 aus Ihrem Ministerium, zu dem Sie hier leider kein Wort verloren haben. Aus verbraucherpolitischer Sicht ist Nanotechnologie aber für mich eines der wesentlichen Themen, weil diese Technologie nicht nur Chancen bietet, sondern auch eine Menge an Risiken birgt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Seit elf Jahren wird die Forschung im Bereich Nanotechnologie mit rund 5 Milliarden Euro gefördert. Wenn ich Ihren Aktionsplan aber richtig verstehe, geht es in erster Linie um ein groß angelegtes Firmensponsoring. Mittels der neuen Hightech-Strategie soll dafür gesorgt werden, dass deutsche Firmen auf dem internationalen Markt in dieser neuen Technologie wettbewerbsfähig sind. Dabei stellen sich mir aber schon einige Fragen. Diese Technologie hat eine Bedeutung, die annähernd an die Bedeutung der Atomtechnologie oder der Gentechnologie herankommt. Es geht bei Nanopartikeln, die auf künstlichem Wege erzeugt werden, um eine Vielzahl von Stoffen, von denen jeder für sich eine andere Wirkung entfaltet.

Das Beispiel Silber kennen Sie wahrscheinlich alle. Silber ist als Stoff an sich völlig harmlos, wird als Schmuck getragen. Silber in Nanopartikelgröße wirkt toxisch.

(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Jetzt sprechen Sie doch einmal zum Thema! Was hat das denn mit der Leistungsfähigkeit Deutschlands zu tun?)

Man hat mal gemeint, man könne durch den Einsatz von Silbernanopartikeln eine Weile hinauszögern, dass Socken zu stinken beginnen, hat dann aber gemerkt, dass Silber nicht nur antiseptische, sondern auch toxische Wirkung hat, dass es gefährlich wird. Man musste also wieder einen Schritt zurückgehen.

So kann auch jeder andere Stoff in Nanopartikelgröße Risiken bergen, die wir heute noch nicht kennen. Hier braucht man Langzeitforschung, eine Forschung, die auch mehrere Generationen in den Blick nimmt. Denn auf ein Kind wirkt eine Hautcreme, die künstlich erzeugte Nanopartikel enthält, längerfristig möglicherweise gesundheitsschädlich, während es einem Erwachsenen nichts ausmacht. Nanopartikel dringen in Zellen ein, und diese verändern sich dadurch. Das alles haben wir noch nicht im Blick, weil es noch kaum Messverfahren bzw. Prüfverfahren gibt, die zumindest bei den Kontrollbehörden zum Einsatz kommen könnten.

All diese Risiken hat man noch nicht wirklich behandelt, hat sie noch nicht wirklich im Fokus, vielmehr geht es in Ihrem Aktionsplan nur um Wettbewerbsfähigkeit. Ich bin sehr wohl dafür, dass wir neue Technologien nutzen, gerade wenn es darum geht, Oberflächenbeschaffenheit und Ähnliches zu verbessern und für günstigere Produktionsprozesse zu sorgen. Ich denke aber, trotz allem haben die Menschen das Recht darauf, zu wissen, welche Risiken diese Technologie birgt. Da sehe ich noch ein riesengroßes Problem. Es darf nicht sein, dass die einen den Nutzen haben in Form von höheren Profiten und die anderen die Risiken in Form von Gesundheits- und Umweltgefährdung.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb müssen wir hier viel mehr investieren, um die Risiken zu erforschen. Das tun die Firmen nämlich nicht, das kostet sie nämlich bloß Geld. Aber unsere Gesellschaft kostet ein vorschneller Einsatz Gesundheit und Leben. Ich denke, hier müssen wir ran. Frau Wanka, da sehe ich Sie in der Pflicht.

Ich danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit. Ich sage Tschüss. Es waren spannende zwölf Jahre. Ich danke vielen Menschen, auch Menschen, die nicht in diesem Raum sind, für die angenehme Zusammenarbeit, für die spannende Zeit. Ich wünsche allen viel Erfolg.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)