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Jutta Krellmann: Internationale Solidarität statt Standortnationalismus

Rede von Jutta Krellmann,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diejenigen, die eigentlich hier stehen müssten, sind die Beschäftigten von Thyssen. Es geht um ihre Arbeitsplätze und um ihre Zukunft. Es ist richtig, wenn Metallerinnen und Metaller von Thyssen nicht wie die Kaninchen vor der Schlange stehen und abwarten, was denn da jetzt letztendlich passiert. Es ist auch richtig, dass sie sich mit allem, was sie haben, wehren und gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft kämpfen. Es waren organisierte Stahlarbeiter und Stahlarbeiterinnen, die die stärksten Mitbestimmungsrechte weltweit gegen alle Widerstände durchgesetzt und erstreikt haben. Montanmitbestimmung gehört nicht in die Mottenkiste.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn aber das Kapital international agiert und keine Grenzen kennt, die Mitbestimmung aber schon, dann wird selbst die Montanmitbestimmung zum stumpfen Schwert. Die von Deutschland beeinflusste neoliberale Politik der EU hat die Arbeiter in allen Ländern in Konkurrenz zueinander gestellt. Hier brauchen wir internationale Solidarität statt Standortnationalismus.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gab genug Gelegenheiten, die rechtlichen Weichen zu stellen, damit Unternehmensfusionen nicht immer mit dem gleichen sozialen Kahlschlag einhergehen. Es wurde nichts unternommen, um Mitbestimmungsrechte auszubauen und zu erweitern. Gerade bei Übernahmen und Fusionen ist das aber notwendig.

Wir müssen an dieser Stelle in eine neue Richtung denken. Gewerkschaften und Betriebsräte brauchen Mitbestimmungsrechte, um zum Beispiel Fusionstarifverträge abschließen zu können.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier könnten Fragen des Erhalts sozialer und tariflicher Standards geregelt werden. Die Beschäftigten müssten zustimmen und hätten damit ein Vetorecht bei Fusionen und Übernahmen. Das wäre eine echte Hilfe für die Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun allein die Schuldigen in China zu suchen und selbst den Umweltschutz zum Sündenbock zu machen, ist ein Zeichen von Hilflosigkeit. Nicht der chinesische Arbeiter ist für die Misere verantwortlich, sondern ein entfesselter Kapitalismus und Fehlentscheidungen des Managements bei Thyssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb müssen Mitbestimmungsrechte für Beschäftigte in der gesamten EU gestärkt werden. Wir brauchen zwingende Mitbestimmungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten und bei Investitionsentscheidungen.

(Zuruf von der FDP: Haben wir doch!)

Dann hätten es Manager auch nicht mehr so leicht, 12 Milliarden Euro in Brasilien zu versenken.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Dummes Zeug!)

Und wenn der Antrag der SPD die Überkapazitäten in China angeprangert – ohne auch nur mit einem Wort das Problem der geringen Nachfrage in Deutschland zu benennen –, dann ist das ein Ablenkungsmanöver. Ihr, Genossinnen und Genossen von der SPD, habt zudem mit der CDU die Schuldenbremse im Grundgesetz verankert und damit eine beschäftigungsorientierte Politik verhindert.

Wenn Deutschland einen Investitionsstau von 100 Milliarden Euro jährlich vor sich herschiebt, dann ist dieser Stau eine Entscheidung gegen Beschäftigung insgesamt, und das nicht nur in der Stahlbranche.

(Beifall bei der LINKEN)

Euer Antrag, liebe Genossinnen und Genossen, greift zu kurz. Dennoch ist es schön, dass die SPD das Problem endlich auf ihre Agenda setzt.

Die Linke solidarisiert sich mit den Beschäftigten bei Thyssen und wird auch hier im Parlament weiterhin für eine Stärkung der Mitbestimmung streiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)