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Jugendarbeitsschutz muss sein

Rede von Diana Golze,

Diana Golze (DIE LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Wir diskutieren heute zum zweiten Mal über diese beiden Gesetzentwürfe zum Jugendarbeitsschutz. Sie werden unseren nachher sicherlich pflichtgemäß, aber, wie ich hoffe, wenigstens teilweise gegen Ihre Überzeugung ablehnen. So ist das leider immer, und das ist schlecht.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich weiß: Jugendarbeitsschutz ist einigen von Ihnen ein Graus. Wir wollen ihn aus Überzeugung.
Ich erinnere mich noch gut an die heftige Debatte, die wir hier im Parlament geführt haben. Die FDP hatte einmal mehr mit dankenswerter Offenheit ein Bekenntnis zur Schleifung des gesetzlichen Jugendarbeitsschutzgesetzes abgelegt. Den Kolleginnen und Kollegen sage ich ganz deutlich: Sie haben sich schon lange aus der seriösen Debatte um die Reform des Jugendarbeitsschutzgesetzes verabschiedet.
(Wolfgang Grotthaus (SPD): Genau!)

Sie haben hier nichts anderes als eine Auftragsarbeit der Wirtschaftsverbände vorgelegt.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich empfehle Ihnen: Verlegen Sie Ihre Parteizentrale doch gleich ins Haus der Deutschen Wirtschaft. Das spart Miete und schafft kürzere Auftragswege.
(Beifall bei der LINKEN Ernst Burgbacher (FDP): Wollen Sie eigentlich etwas für Jugendliche tun? So ein blöder Quatsch! Und die SPD klatscht auch noch dazu und schämt sich nicht!)

Ich erinnere mich auch an die Vertreterinnen und Vertreter der Unionsfraktion. Sie haben hier mit Ausnahme des unbelehrbaren Tourismuslobbyisten Ernst Hinsken einen bemerkenswerten Kurswechsel hingelegt.
(Max Straubinger (CDU/CSU): Was?)

Noch im Wahlkampf 2005 stand die Schleifung des Jugendarbeitsschutzgesetzes ganz oben auf dem Wunschzettel für die erhofften schwarz-gelben Weihnachten. Nun kann man sehen, dass die Große Koalition doch ein wenig zivilisierend auf die Union wirkt zumindest zeitweise; denn leider haben Sie Ihr Bekenntnis zum Erhalt des Jugendarbeitsschutzgesetzes im Fachausschuss schon wieder etwas abgeschwächt.
Ich erinnere mich auch an die Grünen, die uns einmal mehr Populismus für Dinge, die sie einst auch auf ihrer Agenda hatten, vorgeworfen haben.
(Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, das stimmt nicht! Können Sie das einmal zitieren?)

Aber sei es drum: Ein Bekenntnis zum uneingeschränkten Erhalt des Jugendarbeitsschutzes haben auch Sie abgelegt. Aufgrund der neu errungenen Regierungsverantwortung in Bremen hoffe ich, dass dieses Bekenntnis auch dazu führt, dass sich das Land Bremen in den Beratungen der zuständigen Bund-Länder-Arbeitsgruppe offensiv gegen jede Verschlechterung im Jugendarbeitsschutzgesetz einsetzt. Ich darf Ihnen an dieser Stelle versprechen, dass die Linke im rot-roten Senat von Berlin dafür eintreten wird, dass Sie in dieser Frage einen Bündnispartner haben.
(Beifall bei der LINKEN)

Nun zur SPD.
(Wolfgang Grotthaus (SPD): Gott sei Dank werden wir auch erwähnt! Gegenruf des Abg. Ernst Burgbacher (FDP): Aber Sie haben denen gerade zugejubelt!)

Sie nannten uns Träumer, weil wir den Geltungsbereich des Jugendarbeitsschutzgesetzes moderat auf alle Jugendlichen bis zum 21. Lebensjahr ausweiten wollen.
(Jörg Tauss (SPD): Dann dürften Sie jetzt nicht mehr reden, Frau Golze!)

Sie selbst, damit meine ich Sie selbst, Herr Staatssekretär Andres, haben 1992 in der Opposition noch eine Ausweitung auf das 25. Lebensjahr vorgeschlagen.
(Volker Schneider (Saarbrücken) (DIE LINKE): So was!)

Die Jugend der IG Metall fordert auch heute noch, dass das Jugendarbeitsschutzgesetz für alle Auszubildenden bis zum 25. Lebensjahr gelten soll.
(Ernst Burgbacher (FDP): Bis 40 Jahre! Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU): Ich schlage vor: direkt in die Rente!)

Aber sei es drum: Solange Sie in der Bundesregierung durch unsere Initiative gezwungen werden, eine Verschlechterung im Jugendarbeitsschutzgesetz nicht zuzulassen, werde ich mir Ihre Vorwürfe geduldig anhören.
(Beifall bei der LINKEN - Jörg Tauss (SPD): Ohne Antrag kein Vorwurf!)

Im Moment sieht es ja so aus, dass die Pläne der Bundesregierung zur Novellierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes auf Eis liegen. Der versprochene Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe liegt nicht vor. Weitere Beratungen stehen an. Das heißt nichts anderes, als dass der außerparlamentarische und der parlamentarische Widerstand gegen die Aushöhlung Erfolg hatten.
(Beifall bei der LINKEN)

Damit haben wir schon eines unserer Ziele erreicht, auch wenn Sie unsere Initiative heute ablehnen werden. Ich hoffe, dass sich diejenigen, die sich bei der Gewerkschaftsjugend selbst zum Schutzpaten erklärt haben, sich im weiteren Verfahren daran erinnern werden. Für uns geht es freilich um mehr: Wir wollen nicht nur den Erhalt, sondern den Ausbau des gesetzlichen Jugendarbeitsschutzes.

Sollte die Bundesregierung nach allem, was bis jetzt passiert ist, tatsächlich einen Reformvorschlag vorlegen, der als Auftragsarbeit für die Wirtschaftsverbände zu identifizieren ist, dann dürfen Sie sich ganz sicher sein, dass wir hier im Parlament einen Gegenentwurf einbringen werden, der die Handschrift all derjenigen trägt, die in den Betrieben als Gewerkschafter und Jugendvertreter die Rechte von Auszubildenden verteidigen. Sie alle - damit meine ich vor allem die SPD - werden sich dann entscheiden müssen, auf welcher Seite Sie stehen.

Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)