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Jörg Cezanne: Entschlossene Steuerpolitik sieht anders aus!

Rede von Jörg Cezanne,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Jahren ringen die Staaten vor allen Dingen im Rahmen der OECD um ein abgestimmtes Vorgehen beim Kampf gegen schädlichen Steuerwettbewerb und gegen aggressive Steuergestaltung international tätiger Unternehmen. Die vorliegende, allerdings auch längst überfällige Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie der Europäischen Union begrüßen wir deshalb.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich würde dem Gesetzentwurf gerne zustimmen, allerdings wird die Freude getrübt, weil zwei große Lücken dennoch bestehen bleiben.

Erstens. Es ist seit Langem bekannt, dass internationale Konzerne konzerninterne Kredite benutzen, um Gewinne in Niederlassungen in Niedrigsteuerländern zu verschieben und dort weniger Steuern zu zahlen. Laut Netzwerk Steuergerechtigkeit sind solche internen Verrechnungen für etwa ein Drittel der weltweiten Gewinnverschiebungen verantwortlich. Der ursprüngliche Referentenentwurf sah eine Neuregelung der Verrechnungspreise für solche konzerninternen Finanzbeziehungen vor. Vom Bundesrat wird sie gefordert, Frankreich hat Leitlinien definiert, innerhalb derer sich diese Zinssätze bewegen müssen. Nichts davon hat den Weg in dieses Gesetz gefunden. Das ist ärgerlich und muss dringend korrigiert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Auch bei der Hinzurechnung von Gewinnen ausländischer Tochterunternehmen zum zu versteuernden Ertrag des Unternehmens in Deutschland bleibt eine erhebliche Lücke bestehen. Auch hier sah der ursprüngliche Referentenentwurf vor, diese sogenannte Hinzurechnungsbesteuerung auch auf ausländische Investmentfonds anzuwenden. Das Bundesfinanzministerium selbst hatte diese Besteuerungslücke erkannt,

(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

die jetzt aber nicht geschlossen wird. Dies nicht zu tun, ist grob fahrlässig. Die Lücke muss so schnell wie möglich geschlossen werden – offensichtlich eine Aufgabe für eine andere Mehrheit links von CDU und CSU.

(Beifall bei der LINKEN)

Wirklich ärgerlich dagegen ist das zweite Gesetz, das Gesetz zur Modernisierung der Körperschaftsteuer, also der Gewinnbesteuerung für Unternehmen. Hier soll Personengesellschaften, also zum Beispiel Unternehmen in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft nach dem HGB – wer mal eine kaufmännische Ausbildung gemacht hat, erinnert sich daran vielleicht noch –, erlaubt werden, sich bei der Steuer wie eine Kapitalgesellschaft, also wie eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft, behandeln zu lassen.

Diese Gleichstellung an sich ist in Ordnung. Das wird aber als Wahlmöglichkeit ausgestaltet, deren Entscheidung auch wieder geändert werden kann. Der Bundesrat urteilte vernichtend, dieses Optionsmodell sei – Zitat – „für die Praxis allenfalls eingeschränkt tauglich“, es sei „nicht hinreichend rechtssicher“ und es sei „mit erheblicher Mehrarbeit für die Finanzbehörden verbunden“. Sachverständige in der Anhörung sprachen von einem Konstrukt zur Steueroptimierung oder einem „Beschäftigungsprogramm für große Steuerberatungsfirmen“. Diesen Gesetzentwurf werden wir daher ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)