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Jörg Cezanne: Bundesregierung verteilt Zuckerbrot an Investoren

Rede von Jörg Cezanne,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der im Gesetz gewählte Ansatz einer Standort- und Wettbewerbsförderung für die Fondsindustrie, indem man einseitig die Möglichkeiten für die Anbieter verbessert, zum Beispiel von Wagniskapitalfonds, ist aus unserer Sicht falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Versuch, mit Steueroasen oder Luxemburg oder Irland in einen Wettbewerb zu treten, indem man „steuerliche Zuckerl“ verteilt, wie das einer der Sachverständigen bezeichnete, verstärkt bestehende Risiken an den Finanzmärkten. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Unter Risikogesichtspunkten ist beispielsweise die Anhebung der zulässigen Kreditaufnahmegrenze für Immobilien-Spezialfonds von 50 auf 60 Prozent problematisch. Der erhöhte Einsatz von geliehenem Kapital ermöglicht zwar eine bessere Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital, kann aber auch zum Zocken verleiten, und das in einem ohnehin schon überhitzten Immobilienmarkt mit enormen Preissteigerungen: Keine gute Idee!

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Einführung sogenannter geschlossener Master-Feeder-Konstruktionen – allein zu erläutern, wie das funktioniert, würde meine Redezeit aufbrauchen – lehnen wir ab: Eine weitere Produktebene, sehr komplex, meist über mehrere Staaten verteilt, verkompliziert und verteuert die Produkte. Die Transparenz leidet massiv, und das Neuverpacken von bereits verpackten Verpackungen in neue Angebote erinnert an die Finanzkrise 2008. Auch hier geht es in die falsche Richtung.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese grundsätzlichen Einwände werden auch nicht durch die im Gesetz vorgesehene Mitarbeiterbeteiligung wettgemacht. In der vorliegenden Form entspricht sie in keinem Punkt den vom Sachverständigen des Deutschen Gewerkschaftsbundes genannten Kriterien.

Erstens ist nicht sicher geregelt, dass die Beteiligungen für alle Beschäftigten im Unternehmen zugänglich sein werden.

Die Vervierfachung des Betrages, der dafür von Steuern und Sozialversicherungsabgaben befreit wird, geht deutlich über das hinaus, was der DGB als vertretbare Obergrenze genannt hat. Die so nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträge gehen zulasten der Gesamtheit der übrigen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler,

(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Ganz genau!)

und für die Beschäftigten führen sie auch noch zu geringeren Ansprüchen an die Renten- und Arbeitslosenversicherung:

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Unglaublich!)

Keine gute Idee!

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ganz sicher nicht!)

Die Steuer- und Sozialabgabenfreiheit wird auch nicht an die Voraussetzung gebunden, dass diese Mitarbeiterkapitalbeteiligung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu gewähren ist. Das wäre in Branchen, wo es keine Tarifverträge gibt, ohnehin auch schwer zu kontrollieren.

Insgesamt führen die Regelungen, so die Einschätzung eines weiteren Sachverständigen, „zu einem Sonderrecht für einen kleinen Kreis von Begünstigten“. Das ist nicht sozial, wie Frau Stark-Watzinger meint, das ist einfach nicht zustimmungsfähig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)