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Jörg Cezanne: Beschäftigte und Klima statt Aktionäre schützen

Rede von Jörg Cezanne,

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Luftverkehr ist von Einschränkungen durch die Covid-19-Pandemie besonders dramatisch betroffen; wir wissen das alle. Deshalb sind staatliche Hilfen grundsätzlich berechtigt und notwendig.

Die bisherigen Stützungsmaßnahmen, insbesondere die insgesamt 9 Milliarden für die Lufthansa, beinhalten aber keinen Schutz für die Beschäftigten, sie beinhalten keine Vorgaben für den dringend notwendigen klimagerechten Umbau des Sektors. Sie sind ein Rettungsschirm für die Aktionäre. Hier hat die Bundesregierung unverantwortlich gehandelt und muss dringend nachbessern.

(Beifall bei der LINKEN)

Ohnehin zielen die Fluggesellschaften keineswegs nur auf krisenbedingt notwendige Kosteneinsparungen. Wenn Sie genau hinschauen, so sehen Sie: Es wird versucht, sich mit den Staatshilfen im Rücken für den Verdrängungswettbewerb nach der Krise fit zu schrumpfen, und das auf Kosten der Beschäftigten. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen werden einseitig gekündigt, auch von der Lufthansa. Die Lufthansa baut mit Ocean eine neue Billigflugtochter zu schlechteren Tarifbedingungen auf. Der Verkauf der Catering-Tochter LSG mit mehr als 5 000 Beschäftigten an den Konkurrenten Gategroup wird vorangetrieben. Die Mehrzahl der Beschäftigten ist seit mehr als 15 Jahren im Betrieb. Sie sind nach Tarifvertrag faktisch unkündbar. Bei Gategroup besteht für sie kein Kündigungsschutz, und sie werden, wenn überhaupt, zu schlechteren Bedingungen beschäftigt werden.

Über Monate verzögerte die Lufthansa den Abschluss einer Betriebsvereinbarung für das Bodenpersonal und ließ die Beschäftigten im Unklaren über deren Zukunft. Mira Neumaier von Verdi hat völlig recht, wenn sie fordert, die Beschäftigten als Rückgrat des Luftverkehrs müssten in den Mittelpunkt gerückt werden. Weitere staatliche Hilfen darf es nur gegen Sicherung von Arbeitsplätzen und von Arbeitsbedingungen sowie bei Mitbestimmung der Beschäftigten geben.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Liste der Staaten mit dem höchsten Klimaausstoß würde der internationale Luftverkehr einen Platz unter den ersten zehn einnehmen, zwar nicht im Moment, aber vor der Krise ja, und auf dieses Niveau will man wieder gelangen. Ein erster Schritt wäre es gerade jetzt, den bisherigen Transport mit Kurzstreckenflügen auf die Bahn zu verlagern, das Ganze energisch voranzutreiben und den Luftverkehr auf Zukunft einzustellen.

Arno Klare hat die Frage des Luftverkehrs und des Flughafensystems angesprochen. Obgleich Betriebswirtschaft nicht alles ist, muss man sagen: 12 von 14 deutschen Regionalflughäfen überleben überhaupt nur, weil Kommunen Steuergeld zuschießen. Defizitäre und verkehrspolitisch nicht notwendige Regionalflughäfen dürfen nicht auch noch mit weiteren Steuergeldern unterstützt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Daniela Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zu guter Letzt. Um es zumindest zu erwähnen: Die Umsetzung der Forderungen im Antrag der FDP würde alles nur schlimmer machen – für die Beschäftigten, für das Klima und für einen zukunftsfähigen Luftverkehr. Deshalb sollte man sie ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)