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Jan Korte: Soziale Sicherheit statt Abstiegs-Agenda

Rede von Jan Korte,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Debatte, die sich nun dem Ende zuneigt, aufmerksam verfolgt. Ich fand bis jetzt – das muss ich sagen – die Rede von Dietmar Bartsch inhaltlich am überzeugendsten.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will aber trotzdem auch zu anderen Rednerinnen und Rednern einige Anmerkungen machen. Ich fand, es gab sehr gute Ansätze bei der Kollegin Baerbock und auch bei Minister Olaf Scholz. Da waren sehr, sehr viele richtige Sachen dabei.

(Zurufe von der CDU/CSU: Ah!)

Aber wenn wir hier heute offen und ehrlich sein wollen, dann müssen Sie auch sagen, mit wem Sie das umsetzen wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das können Sie doch nicht allen Ernstes mit Christian Lindner und den neoliberalen Hardcorefreunden oder mit der runtergerockten CDU/CSU machen. Ich finde, das müssen Sie den Leuten schon sagen, wenn Sie irgendetwas von dem, was auf Ihren Plakaten steht, ernst nehmen.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Aber Sie wären bereit dazu, oder? Wären Sie bereit dazu?)

Zweitens. Ich möchte zu dem fast schon tragischen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU Folgendes sagen: Herr Laschet, Sie haben hier einen Epochenumbruch angemahnt. Da haben wir eine unterschiedliche Auffassung. Ich glaube auch, dass wir einen Epochenumbruch brauchen, aber in der Form, dass endlich die CDU/CSU von der Regierungsbank verschwindet und in die Opposition befördert wird. Meine Kinder kennen nur das. Das ist fürchterlich!

(Beifall bei der LINKEN)

Da Sie in dem Zusammenhang auch über Wohnen gesprochen haben, sage ich: Dann können Sie die als Parteispenden getarnten Schmiergelder der Immobilienlobby in Höhe von aktuell 1,25 Millionen Euro, die Sie bekommen haben, in der Opposition verjubeln, aber nicht mehr in der Regierung.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Zweiten. Es ist ja sehr viel über außenpolitische Verantwortung gesprochen worden. Insbesondere meine Partei wird hier ständig aufgefordert, sich zu irgendetwas zu bekennen, zur NATO zum Beispiel. Da fragt man sich natürlich: Wozu soll ich mich da bekennen? Zu der Türkei von Herrn Erdogan? Oder dann doch lieber zu Griechenland? Das ist absolute Verblödung des politischen Diskurses, was da eingefordert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte darüber reden: Was ist außenpolitische Verantwortung? Ist es außenpolitisch verantwortungsvoll, Patente von BioNTech, die mit 345 Millionen Euro Steuergeldern entwickelt worden sind – BioNTech macht 2,8 Milliarden Euro Gewinn –, den Ländern Afrikas mit 1,3 Millionen Einwohnern

(Zuruf von der AfD: Milliarden!)

und gerade mal 2 Prozent Geimpften vorzuenthalten? „Ist das verantwortungsvoll?“, frage ich Sie.

(Beifall bei der LINKEN)

Ist es außenpolitisch verantwortungsvoll, das hier mit vielen Staatsgeldern entwickelte Know-how deutscher Pharmafirmen den Ländern der Dritten Welt, Afrikas und Lateinamerikas vorzuenthalten? „Ist das verantwortungsvoll?“, frage ich Sie.

Und ist es, zum Dritten, außenpolitisch eigentlich verantwortungsvoll, dass Mitarbeiter vor Ort, in Afghanistan, die jahrelang der Bundeswehr geholfen haben, dort alleingelassen werden bzw. ihnen so viele Steine in den Weg gelegt werden, bis es zu spät ist? Ich frage Sie: Ist das politisch verantwortungsvoll?

(Beifall bei der LINKEN)

Und dann möchte ich wissen – um das einmal aufzulösen –: Warum soll eigentlich die Entsendung von irgendeiner Fregatte, wie kürzlich geschehen, in den Indopazifik verantwortungsvoller sein, als international eine Pandemie zu bekämpfen? Das versteht doch wirklich kein Mensch, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun möchte ich noch eine innenpolitische Anmerkung zum Finanzminister machen. Sie sind ja eine fast schon schwer zu ertragende Seriosität, aus jeder Pore. Das ist ja auch ganz in Ordnung. Aber wenn Sie auf seriöse Finanzen rekurrieren, Herr Scholz, möchte ich Sie etwas fragen. Es gibt eine Studie des Leibniz-Zentrums zu den Auswirkungen der Steuerkonzepte der hier im Bundestag vertretenen Parteien. Ich möchte Sie ganz konkret fragen, ob Sie allen Ernstes verantwortungsvoll regieren können, in finanzpolitischer Hinsicht, mit einer FDP mit einem Steuerkonzept, das Minderausgaben von 87,6 Milliarden Euro im Staatshaushalt bedeuten würde, oder gar mit einer CDU/CSU mit einem Steuerkonzept, das Mindereinnahmen von 32,6 Milliarden Euro im Staatshaushalt bedeuten würde. Das ist doch, allen Ernstes, keine seriöse Politik, wenn wir die Schulen auf Vordermann bringen wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und ich finde, diese Studie zu den Steuerkonzepten von CDU/CSU und FDP hat auch gezeigt, dass sie offensichtlich nicht mit Geld umgehen können. Deswegen müssen sie dringend raus aus der Regierung.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Und ich finde, zur Ehrlichkeit im Wahlkampf gehört, Herr Scholz, dann zu sagen, mit wem Sie das eigentlich umsetzen wollen. Denn mit denen wird es sicherlich nicht gehen. Wir sind bereit dafür, hier Verantwortung zu übernehmen und das Ganze mal ein wenig auf Vordermann zu bringen: die Schulen auszustatten, die Privatisierung der Gesundheit, insbesondere der Krankenhäuser, zu beenden, endlich vernünftige Löhne zu zahlen,

(Beifall bei der LINKEN – Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Herr Korte bettelt um eine Koalition! – Weiterer Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])

also das, was Sie auf Plakate draufgeschrieben haben – die Grünen übrigens auch; die schauen jetzt alle zu Boden und denken. Bekennen Sie sich doch einfach einmal dazu!

Das Stück aus der Gruft, das die CDU/CSU gerade aufführt, ist ja ein Totentanz der politisch Untoten, der hier stattfindet, mit roten Socken und so; da werden jetzt die Plakate entstaubt. Mir gefällt das außerordentlich gut, Kollege Brinkhaus. Machen Sie weiter so! Das zwingt SPD und Grüne immerhin, sich zu bekennen,

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ja! Da sind wir uns mal einig!)

mit wem man dieses Land fortschrittlich und gerecht gestalten kann. Wir sind startklar.

(Beifall bei der LINKEN)