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Jahressteuergesetz 2009: Viel zu viel Murks!

Rede von Barbara Höll,

Rede zur zweiten und dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009)

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Gutting, den Omnibus basteln wir jedes Jahr. Ich finde, wenn man das jährlich macht, sollte man in der Lage sein, die erste Vorlage des Omnibusses so zu gestalten, dass er fahrfähig ist. Da nach der ersten Vorlage aber noch mehr als 70 Änderungsanträge kamen, kann ich nur sagen: Das ist gepfuscht, das ist Murks. So sollten wir den Omnibus nicht konstruieren.

Nebenbei gesagt: Es ist ein Unding, dass Sie nicht in der Lage sind, ein solches Gesetz, bei dem klar ist, dass wir es jedes Jahr wieder debattieren werden, zu angemessener Zeit zu behandeln und es deshalb in die Haushaltswoche hineingedrückt wird. Das ist einfach unmöglich und beschneidet wieder einmal das Mitspracherecht der Opposition.

Ich arbeite konstruktiv - wir Linke sind dafür bekannt -, und deshalb möchte ich als Erstes klipp und klar das Positive hervorheben: Gut ist, dass Sie den kommunalen Querverbund auf eine breitere gesetzliche Grundlage gestellt haben. Das findet unsere absolute Unterstützung.

Nicht so gut finde ich das Chaos, das bei der Abgeltungsteuer herrscht. Diese Steuer wirkt erst ab dem 1. Januar. Mit diesem Jahressteuergesetz müssen wir aber schon eine Reihe von Änderungen vornehmen, damit die Steuer eventuell richtig greifen wird. Auch das sagt viel über Ihre Arbeitsweise.

Auch wenn es Sie nervt, möchte ich Sie daran erinnern, dass es viele weitere Schlupflöcher im Steuerrecht gibt - ich nenne nur einige Stichwörter -: Es gibt Anleihen mit einer fiktiven Quellensteuer im Ausland, die privaten Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Gold werden nicht erfasst, es gibt immer noch Schifffonds, die Möglichkeit der Verschiebung von Aktien ins Betriebsvermögen und die geschlossenen Auslandsfonds, also viele andere Dinge, die man, wenn man es ernst meint, in den Omnibus einbauen sollte. Die Verlängerung der Verjährungspflicht bei Steuerhinterziehung von fünf auf zehn Jahre wurde bereits erwähnt. Das klingt zwar gut, die laxe Formulierung des Gesetzes bietet aber überhaupt keine Sicherheit dafür, dass die Praxis der laxen Bestrafung von Steuerhinterziehern tatsächlich geändert wird. Dazu muss ich sagen: Machen Sie sich doch bitte intensiv an die Arbeit.

Das, was Sie zum Ehegattensplitting vorschlagen, ist zaghaft und mutlos. SPD-Frauen haben sehr dafür gekämpft; denn die Beseitigung des Ehegattensplittings ist ein wichtiger Schritt, insbesondere, um Frauenarmut zu beseitigen. Frau Frechen sprach von „ein bisschen mehr gefühlter Gerechtigkeit“. Mehr als ein Gefühl ist das auch nicht. Die Regierung selbst sagt, dass wahrscheinlich maximal 5 Prozent der Berechtigten das Verfahren nutzen werden. Wenn das ein großartiger Einstieg in die Individualbesteuerung sein soll, dann frage ich mich, was Sie für Raumvorstellungen haben.

Eine grundlegende Reform des Ehegattensplittings heißt für uns, positive Anreize für Frauen zu schaffen, damit sie sich eine Beschäftigung suchen und ihr nachkommen, und die Bevorzugung von Ehepartnern gegenüber alleinerziehenden oder nichtverheirateten Erziehenden endlich abzuschaffen. Deshalb schlagen wir Ihnen in unserem Entschließungsantrag die Umwandlung des Ehegattensplittings vor. Der nicht ausgeschöpfte steuerliche Grundfreibetrag sollte auf den Partner oder die Partnerin übertragbar sein, und zwar unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder nicht. Das würde gleichzeitig die „Verpartnerten“ einbeziehen, die Sie ebenfalls außen vor lassen. Wir sagen: Das Zusammenleben mit Kindern muss zielgerichtet gefördert werden. Etwas anderes geht nicht. Dazu brauchen wir eine sofortige Anhebung des Kindergeldes auf mindestens 200 Euro und mittelfristig auf 250 Euro. Das ist durch die Umwandlung des Ehegattensplittings zu finanzieren; denn das würde 9 Milliarden Euro einbringen.

Zum Schulgeld muss ich sagen, dass die Diskussion über die Erhöhung der Abzugsfähigkeit des Schulgeldes absurd ist. In 90 Prozent aller Fälle ziehen Eltern, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken, weniger als jährlich 1 000 Euro ab. Die Erhöhung des steuerlichen Höchstbetrages von 3 000 auf 5 000 Euro, die Sie vonseiten der Koalition in der Beratung vorgenommen haben, halten wir für absolut unnötig. Dies ist weiterhin eine Bevorzugung der Menschen, die viel Geld haben und viel Geld in ihre Kinder stecken.

Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. Dafür ist er einfach viel zu sehr gemurkst.

Ich danke Ihnen.