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IT-Sicherheit ist mehr als Innenpolitik

Rede von Petra Pau,

 

  1. Wir beraten heute final über ein Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme, kurz: IT-Sicherheit.

    Ein solches Gesetz ist überfällig. Immer mehr Prozesse und Abläufe sind Computer gestützt und basieren auf Daten-Netzwerken.

    Und die Digitalisierung der Gesellschaft nimmt zu, rasant und umfassend.
    IT-Pannen oder gar gezielte Angriffen können verheerende Folgen haben.

    Man stelle sich nur einmal den Ausfall der Wasser- oder der Energieversorgung vor oder wesentlicher Teile des Verkehrs.
    Die gesamte Gesellschaft käme zum Erliegen. Alles denkbar.

    Insofern unterstelle ich, dass alle Parteien ein großes Interesse an einer höchstmöglichen IT-Sicherheit haben. DIE LINKE hat es jedenfalls.

  2. Nun beraten wir einen Gesetzentwurf der Bundesregierung. Über beiden schwebt ein finsterer Schatten - spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden über die Machenschaften der NSA.

    NSA & Co. beherrschen das Internet und nutzen es weltweit als riesigen Datenstaubsauger in bis dato unvorstellbarem Maß. Das ist ein Skandal!

    Politisch und praktisch handelt es sich um den bislang größten Angriff auf Bürgerrechte, auf die Demokratie und auf den Rechtsstaat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

    Hinzu kommen politische und Wirtschaftsspionage und die Frage: Waren deutsche Geheimdienste daran beteiligt oder nicht?

    Was auch heißt: Weniger IT-Sicherheit ist kaum denkbar. Und wie sehen die Reaktionen der Bundesregierungen darauf aus?

    Vor die binäre Alternative gestellt, 1 oder 0, entschieden sie sich für Null. Das grenzt an Verfassungsbruch und ist nicht hinnehmbar.

  3. Wer sich nun in den IT-Gesetzentwurf vertieft, stößt schnell auf Seltsamkeiten. Vieles, was geregelt werden müsste, bleibt ungeregelt.

    Aber unter dem Strich favorisiert das Gesetz zwei Gewinner, den BND und den Verfassungsschutz, also Geheimdienste. Sie seien eine Lösung.

    DIE LINKE bleibt dabei: Ein Wettlauf der Geheimdienste schafft nicht mehr IT-Sicherheit, sondern weniger. Auch deshalb sagen wir Nein!

  4. Herr Minister, gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang eine Bemerkung zu Ihrem Einwurf zu unseren eigenen Angelegenheiten, zu den Abgriffen auf IT-Systeme des Bundestages.

    Es ist eine pure Selbstverständlichkeit, dass auch der Deutsche Bundestag die Informationen, die dem Bundesamt für Verfassungsschutz, welches nach dem Gesetz für die Spionageabwehr zuständig ist, nach Recht und Gesetz übermittelt werden müssen, diesem übermittelt.

    Genauso halte ich es auch für eine pure Selbstverständlichkeit, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz dem Deutschen Bundestag und all denen, die im Moment damit befasst sind, diesen tatsächlich ernsthaften Angriff abzuwehren und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass wir besser geschützt sind, seine Erkenntnisse übermittelt, gegebenenfalls auch über schon erfolgreiche Abwehrstrategien in der Auseinandersetzung mit dem Angreifer. So weit, so gut.

    Aber ich verstehe die Pappkameraden nicht, die in den letzten Tagen in diesem Zusammenhang aufgebaut wurden. Ich verstehe auch nicht die Aufforderung, der Bundestag solle doch bitte mit der genannten Behörde kooperieren.

  5. Damit komme ich zurück zum Gesetzentwurf.  IT-Sicherheit ist übrigens auch mehr als Innenpolitik. Deshalb hätten für DIE LINKE zwei Strukturänderungen einen Vorrang vor allem anderen.

    Erstens sollte das Bundesamt für Sicherheit der Informationssysteme, kurz BSI, aus dem Bundesinnenministerium herausgelöst und zu einer ressortübergreifenden, zeitgemäßen Bundesbehörde entwickelt werden.

    Dazu gehörten ein umfassender Auftrag und klare Qualitätsansprüche, selbstverständlich auch entsprechende finanzielle und personelle Mittel.

    Zweitens ist das Amt der Bundesbeauftragten für Datenschutz aufzuwerten, wiederum von seiner Ausstattung her, aber auch von seinen Kompetenzen, zu denen notfalls auch ein Veto-Recht gehören sollte.

    Wir haben es diese Woche erlebt: Bei der Anhörung zu einem Gesetz, das tief in den Datenschutz eingreift, nämlich das geplante Gesetz zum Verfassungsschutz, wurde die Bundesdatenschutzbeauftragte schlicht ignoriert - ein Affront wider den Bundestag und die Demokratie!

  6. Bündnis 90/Die Grünen haben nun einen Änderungsantrag zum Regierungsentwurf vorgelegt. Er beschreibt eine Mängelliste und ein Forderungskatalog.

    Wir, DIE LINKE, haben ähnliche Analysen. Ich werde nicht im Einzelnen darauf eingehen. Vergleichbares findet man auch auf heise.de und auf anderen Web-Plattformen, die sich mit Netz-Politik befassen.

    Im Fazit fordert Bündnis 90/Die Grünen, den Regierungsentwurf zu erden  und sich dem IT-Komplex kompetenter zu widmen.

    Dem schließe ich mich an. Die Fraktion DIE LINKE wird dies auch tun!

    Denn ein schlechtes IT-Gesetz führt nun mal zu keiner guten IT-Sicherheit im digitalen Zeitalter. Die aber ist dringend geboten:
    für Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft, für die Gesellschaft,
    für die Zukunft!

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