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Innenstädte wiederbeleben heißt Onlinehandel regulieren, Gewerbemieten dämpfen!

Rede von Pascal Meiser,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat sieht sich der Einzelhandel schon seit Jahren vielfältigen Veränderungen ausgesetzt, die massive negative Folgen für die Beschäftigten, kleine Händler und die Innenstädte haben. Deshalb ist es gut, dass Sie von der Union dieses Thema heute auf die Tagesordnung gebracht haben. Ihr Antrag beinhaltet dabei durchaus auch aus unserer Sicht diskussionswürdige Vorschläge. Er hat aber auch große Leerstellen, und auf einige davon muss ich an dieser Stelle natürlich eingehen.

Zunächst: Sie schreiben selbst, dass es die Coronapandemie war, die das Ladensterben im Einzelhandel zuletzt massiv beschleunigt hat. Aber darüber, welche Mitverantwortung Sie dafür tragen, schweigen Sie sich geflissentlich aus. Es waren doch Sie, vorneweg Herr Altmaier als Wirtschaftsminister, die in der Großen Koalition nicht in der Lage waren, Hilfsprogramme aufzulegen, die tatsächlich einen umfassenden Schutz von kleinen Einzelhändlern in der Pandemie bieten –

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sebastian Roloff [SPD])

eine Kritik, die übrigens auch von dem von Ihnen ansonsten immer gern zitierten Einzelhandelsverband HDE immer wieder zu Recht formuliert wurde.

Bis zuletzt haben auch Sie nichts daran geändert, dass ein Unternehmen einen Umsatzausfall von mindestens 30 Prozent verzeichnen musste, um überhaupt Unterstützung zu erhalten. Und leider haben auch Herr Habeck und die Ampelkoalition daran zuletzt nichts mehr geändert. Dabei wissen wir doch alle, dass gerade kleine Einzelhändler, die unverschuldet von Umsatzeinbußen von 20 bis 25 Prozent betroffen sind, dies nicht auf Dauer verkraften können und viele lieber ihr Geschäft aufgeben, bevor sie in die Insolvenz gezwungen werden. Da würde ich mir schon ein bisschen mehr Selbstkritik wünschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Als Linke begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Kommunen gestärkt werden, wenn es um die Eingriffsmöglichkeiten für die Stadt- und Raumplanung geht, also darum, was wo gebaut und wofür genutzt werden darf. Das gilt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ausdrücklich auch für Ihre Forderung, dass Einkaufsgebiete auf der grünen Wiese zuungunsten der Orts- und Stadtkerne von den Kommunen auch wieder leichter rückabgewickelt werden können. Warum Sie hier allerdings nicht schon gehandelt haben, als Sie noch die Regierung gestellt haben, würde mich schon interessieren. Oder war es etwa die SPD, die hier blockiert hat? Das müssten Sie schon untereinander noch mal klären und hier vielleicht für alle aufklären.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber auch hier braucht es mehr Mut, und da ist natürlich jetzt die neue Bundesregierung gefordert. Wenn wir wollen, dass dauerhaft leerstehende Geschäfts- und Büroräume sinnvoll genutzt werden können, dann braucht es auch hier stärkere Eingriffsmöglichkeiten der Kommunen, um spekulativen Leerstand – denn den gibt es auch – beenden zu können und auch um genauere Vorgaben im Interesse der Kommunen für die Nutzung von Gewerbeflächen machen zu können, um Monostrukturen zu verhindern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sebastian Roloff [SPD])

Drittens. Das Ladensterben hat, wie die Union in ihrem Antrag richtig schreibt, sehr unterschiedliche Gründe, und auch regional, lokal ist das sehr stark zu differenzieren. Auf vieles gehen Sie in dem Antrag ein. Aber worüber Sie kein Wort verlieren, ist die Situation in den überhitzten Immobilienmärkten wie Berlin, München oder Frankfurt, wo die explodierenden Gewerbemieten für viele kleine Gewerbetreibende dazu führen, dass diese um ihre Existenz bangen müssen, und maßgeblich zum Ladensterben kleiner Gewerbetreibender beigetragen haben. Dass Sie darüber kein Wort verlieren und die Immobilienwirtschaft an dieser Stelle nicht kritisieren, das ist bezeichnend.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Linke haben wir dazu in der vergangenen Legislatur als erste Fraktion konkrete Vorschläge vorgelegt. In angespannten Gewerbemietmärkten brauchen wir endlich eine Mietpreisbremse für Gewerbemieten und einen Anspruch für Gewerbemieter auf Mindestvertragslaufzeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Außendorf, Sie haben es angesprochen: Die Grünen haben ähnliche Vorschläge gemacht. Sie haben jetzt die Union dafür kritisiert, dass sie das in der letzten Legislatur nicht gemacht hat. Ich erwarte, dass die Ampelkoalition jetzt dafür sorgt, dass auch die kleinen Gewerbemieter endlich geschützt werden. Da will ich mal ein klares Bekenntnis. Im Koalitionsvertrag findet sich dazu nichts. Ich hoffe, da kommt noch was.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine weitere große Leerstelle in Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ist die Perspektive der Beschäftigten. Außer einer Ausweitung der Ladenöffnungszeiten haben Sie diesen nichts zu bieten. Ich finde es bezeichnend, dass Sie denjenigen, die wir alle als Heldinnen und Helden des Alltags in der Pandemie hier wertgeschätzt haben, nichts anderes als längere Arbeitszeiten zu bieten haben.

Ich komme zum Schluss. – Was wir tatsächlich brauchen, sind einheitliche Wettbewerbsbedingungen, einheitliche Löhne in diesem Bereich. Deswegen muss dafür gesorgt werden, dass die Tarifverträge für den Einzelhandel endlich wieder für allgemeinverbindlich erklärt werden können, –

– für den stationären wie für den Onlinehandel bei Amazon und Co.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)