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In die völlig falsche Richtung

Rede von Inge Höger,

Parlamentsrede zum Verteidigungshaushalt

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus Sicht der Fraktion Die Linke weist dieser Verteidigungshaushalt nicht in die richtige, sondern in die völlig falsche Richtung. Aus unserer Sicht ist es kein Verteidigungs-, sondern ein Rüstungshaushalt. Er führt keinen einzigen Schritt in Richtung einer friedlicheren Welt. Im Gegenteil, die Militarisierung der Außenpolitik, die hier finanziert werden soll, führt unser Land auf einen globalen Kollisionskurs.

Hermann Hesse schrieb im Rückblick auf seine Zeit:

An einen Krieg dachte niemand, man rüstete nur so für alle Fälle...

Wer Frieden will, der muss auch den Frieden vorbereiten. Wer aufrüstet, kann nicht glaubhaft für Frieden und Abrüstung werben.

Ein anderes Zitat. Gustav Heinemann analysierte treffend:

Der Frieden ist der Ernstfall.

Eine glaubwürdige Vorbereitung auf den Ernstfall Frieden kann die Linke in dem vorliegenden Haushalt nicht erkennen. Entsprechend setzt die Linke in ihrem Entschließungsantrag zum Einzelplan 14 deutlich andere Akzente, die ich kurz erläutern will:

Erstens. Bei Haushaltsberatungen ist immer wieder die Rede von sparen und Schulden abbauen. Aber bei diesem Einzelplan, dem drittgrößten Einzelplan, wird kräftig draufgesattelt.

Weitere Ausgabensteigerungen sind mit den Verträgen vorprogrammiert. In 2008 wollen Sie für Ihren Einsatzhaushalt insgesamt 29,3 Milliarden Euro. Nach NATO-Kriterien wären es gar 31,7 Milliarden Euro. Die Linke fordert, den Aufwuchs von 911 Millionen Euro rückgängig zu machen sowie die bisherige Höhe des Rüstungshaushaltes um 10 Prozent zu reduzieren.

Insgesamt sehen wir ein Einsparpotenzial von mindestens 3,9 Milliarden Euro.

Zweitens. Die Planungen für sogenannte Rüstungsinvestitionen im Bundeswehrplan 2008 machen klar, dass die beschlossenen Projekte das vorgesehene Finanzvolumen auf Jahre hinaus binden. Bis 2012 sollen laut Bundeswehrplan die Rüstungsinvestitionen von 6 Milliarden Euro auf 8 Milliarden Euro jährlich steigen. Der Schwerpunkt der Ausgaben liegt dabei auf Mobilität, vor allem auf der sogenannten Wirksamkeit im Einsatz. Für die Verbesserung der Mobilität sind in den nächsten Jahren 15 Milliarden Euro vorgesehen, allein 9 Milliarden Euro für den Airbus A400M. Für die Wirksamkeit im Einsatz sind sogar 50 Milliarden Euro eingeplant.

Im Verhältnis dazu erscheinen die 4 Milliarden Euro, die für Überlebensfähigkeit und Schutz eingeplant sind, beinahe bescheiden. Der Schutz der Soldaten spielt offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle. Wirklicher Schutz ist technisch auch nicht machbar. Er ist nur politisch zu gewährleisten. Beenden Sie die Auslandseinsätze, und holen Sie zum Beispiel die Soldatinnen und Soldaten aus Afghanistan zurück!

Drittens. Bei den Aufrüstungsprojekten geht es um die Vorbereitungen für globale Kriegs- und Besatzungspolitik. So wird etwa die Marine durch neue Korvetten und Fregatten für viel Geld auf aggressive Einsätze vorbereitet. Auch der Eurofighter, ein Projekt aus Zeiten der Blockkonfrontation, ist reine Geldverschwendung. Nun wird auch noch in seine Umrüstung investiert. Bei der Mehrrollenfähigkeit geht es um die Befähigung zu Flächenbombardements mit Friedenspolitik hat dies definitiv nichts zu tun. Viertens. Für Auslandseinsätze sind im Haushalt 600 Millionen Euro eingeplant. Dieser Ansatz kann, wie wir in den letzten Jahren gesehen haben, schnell auf 1 Milliarde Euro steigen. Die Linke lehnt diese Art der militärischen Weltordnungspolitik grundsätzlich ab.

Die frei werdenden Mittel sollten in die Bekämpfung der Armut und Unterentwicklung investiert werden; das wäre endlich effektive Sicherheitspolitik.

Fünftens. Der Einzelplan 14 ermöglicht die fortgesetzte Investition in eine verfehlte Bündnispolitik. Statt die Vereinten Nationen und das Völkerrecht zu stärken, wird die deutsche Rolle im Rahmen der NATO und der militärischen Komponente der EU gestärkt. Die NATO ist kein Friedensbündnis. NATO-Kampftruppen ebenso wie EU-Battle-Groups sind Instrumente einer militärischen Außenpolitik. Die Linke fordert deswegen die Beendigung der deutschen Beteiligung an der NATO-Response-Force und an den EU-Battle-Groups.

Dazu gehört die Schließung der entsprechenden Trainingseinrichtungen wie des Gefechtsübungszentrums bei Magdeburg.

Sechstens. Anstatt sich um zivile Ausbildung und Arbeitsplätze für junge Menschen zu kümmern, nutzen Sie deren Perspektivlosigkeit aus, wenn es darum geht, junge Soldaten zu rekrutieren. Nicht zufällig entscheiden sich junge Jugendliche aus ökonomisch schwachen Regionen überdurchschnittlich häufig für eine längere Verpflichtung bei der Bundeswehr. Die Bundeswehr kooperiert immer stärker mit den Arbeitsagenturen. Die Linke kritisiert, dass man in den Agenturen mit Argumenten wie "Dieser Job ist krisensicher" wirbt. Ein Arbeitsplatz in der Rüstungsindustrie kostet die Steuerzahler 150 000 bis 200 000 Euro pro Jahr. Mit diesem Geld ließen sich deutlich mehr und vor allen Dingen sinnvollere zivile Arbeitsplätze schaffen. Auch die 600 Millionen Euro, die jährlich für die Wehrpflicht ausgegeben werden, sind besser in zivile Ausbildungsprogramme investiert.

Siebtens. Bei den Angehörigen der Bundeswehr wurde in den letzten Jahren massiv eingespart. Die Bundeswehr ist überdimensioniert. Wir wollen Strukturveränderungen aber nicht auf Kosten der Soldatinnen und Soldaten durchführen. Die Linke fordert deshalb die Rücknahme der sozialpolitischen Kürzungen, zum Beispiel beim Weihnachts- und Urlaubsgeld. Zudem soll die Ost-West-Tarifangleichung auch für die Berufssoldatinnen und -soldaten, die Soldatinnen und Soldaten auf Zeit und die zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch im Haushaltsjahr 2008 umgesetzt werden.

Achtens. Früher oder später folgt aus der Rüstungsproduktion für die eigene Armee auch der Rüstungsexport, um diesen Wahnsinn rentabel zu gestalten. Das jüngste Beispiel dafür ist der Hightechpanzer Puma, durch den der Haushalt in den nächsten Jahren mit mindestens 3,4 Milliarden Euro belastet wird. Die Rüstungsindustrie träumt bereits davon, ihn zu einem Exportschlager zu machen, wie früher den Leopard. Die Linke fordert einen sofortigen und vollständigen Stopp der Rüstungsexporte. Neuntens. Neue Waffensysteme brauchen wir nicht. Erforschung, Entwicklung und Erprobung von Rüstungsgütern kann sich unser Land sparen. Das bleibt auch so, wenn Rüstungsforschung und -entwicklung zukünftig über die Europäische Verteidigungsagentur abgewickelt werden. Die politische Kontrolle wird dabei immer schwieriger. Der Zuschuss für die Europäische Verteidigungsagentur muss komplett gestrichen werden.

Um die globale Kriegsgefahr einzudämmen, brauchen wir ernsthafte Bemühungen um eine gerechte Verteilung der Ressourcen der Welt. Die Bundesregierung beteiligt sich stattdessen am militärischen Wettlauf um die knapper werdenden fossilen Energieträger. Durch die Unterstützung der US-Kriegspolitik, durch Drohungen gegen den Iran und durch eigene militärische Beiträge in geostrategisch sensiblen Regionen trägt die Bundesregierung zur Ausbreitung der Unsicherheit auf dieser Welt bei. Kein Land wird durch die Fähigkeit, andere zu bedrohen, sicherer.

Wir brauchen endlich eine weltweite entschiedene Abrüstungsinitiative. Wir können und müssen hier beginnen, in Deutschland, in der Europäischen Union und in der NATO. Die Linke fordert die Bundesregierung dazu auf, mit eigenen deutlichen Abrüstungsschritten ein glaubwürdiges Beispiel dafür zu geben.

Vielen Dank.