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In der Bundeswehr nichts Neues ...? Zum Bericht des Wehrbeauftragten

Rede von Katrin Kunert,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Gäste! Sehr geehrter Herr Robbe!

Bundespräsident Köhler beklagt, dass die Deutschen ihrer Bundeswehr mit einem freundlichen Desinteresse begegnen.Er wünscht sich eine breite gesellschaftliche Debatte - nicht über die Bundeswehr, sondern über die Außen-,Sicherheits- und Verteidigungspolitik unseres Landes. Das wünschen wir uns auch. Sie, Herr Robbe, wollen diese Debatte fördern. Ich darf Sie zitieren:
"Die Soldatinnen und Soldaten sollen nicht allein gelassen werden mit ihrem unverzichtbaren Auftrag, unser Land zu verteidigen sowie für Frieden, Freiheit und Menschenrechte auch außerhalb Deutschlands einzutreten."

Viele Menschen in unserem Land wollen mit Sicherheit eine solche Debatte führen. Aber wie, frage ich Sie, soll das gehen, wenn sich diese Regierung ständig gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen im Land verhält?

(Beifall bei der LINKEN)

So beschließt die übergroße Mehrheit von Rot-Schwarz ständig mehr Auslandseinsätze, obwohl die Mehrheit der Menschen mehr Sinn in humanitärer Hilfe sieht. Wer definiert eigentlich, was unverzichtbare Aufträge sind?

Ich stelle nach zwei Berichten des Wehrbeauftragten fest: Nichts Neues in der Bundeswehr. Jahr für Jahr gibt es die gleichen Probleme. Trotz eines Gesamtvolumens in Höhe von 28 Milliarden Euro für den Verteidigungsetat im Bundeshaushalt gibt es erhebliche Defizite in der Ausstattung und in der Betreuung der Soldatinnen und Soldaten. Skandalös ist für uns nach 16 Jahren deutscher Einheit die immer noch unterschiedliche Besoldung in Ost und West,

(Beifall bei der LINKEN)

die schrittweise bis 2009 aufgehoben werden soll. Entscheidungen für Auslandseinsätze werden in diesem Haus schneller getroffen. Die Kürzung des Weihnachtsgeldes wurde nicht zurückgenommen. Die Kasernen, insbesondere im Westen, sind in einem schlechten Zustand. Hier braucht es einen Aufbau West. Der Beförderungsstau macht immer noch jedem Ferienstau Konkurrenz. Schaut man sich die Stellungnahme des Verteidigungsministeriums zum Bericht an, findet man dehnbare Formulierungen wie „geeignete Maßnahmen“, „sind fortwährend bemüht“ oder „verstärkt einfordern“. Einschätzungen des Wehrbeauftragten, dass Erhebungen der Bundeswehr über das Gesamtausmaß des Syndroms der posttraumatischen Erkrankungen von Soldatinnen und Soldaten im Einsatz fehlen, müssen wir leider bestätigen. Das Verteidigungsministerium widerspricht dieser Aussage und verweist auf Daten aus dem Jahre 1999. Diese Daten seien Grundlage für die umgesetzten Betreuungs- und Versorgungskonzepte. Den wiederholten Hinweis, dass diese Erkrankung auch bei der Feuerwehr und der Polizei auftrete, nehmen wir nicht hin. Posttraumatische Erkrankungen treten in der Bundeswehr seit Beginn der Auslandseinsätze auf. Das ist genau der Punkt. Es darf nicht sein, dass ein junger Mann aus Afghanistan zurückkommt und ein halbes Jahr nicht mehr spricht. Wissen Sie wirklich um die Bedingungen und Gefahren, wenn Sie deutsche Soldatinnen und Soldaten ins Ausland schicken? Wir bezweifeln das sehr stark.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos])

Der Wehrbeauftragte hat eine Bundesstiftung zur Entschädigung von Strahlenopfern angeregt. Das unterstützen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Verteidigungsministerium hingegen hält dies für nicht vertretbar. Warum nicht? Das werden wir noch einmal auf die Tagesordnung setzen.Ich meine, dass die im Bericht immer wieder aufgezeigten Mängel ein Beleg dafür sind, dass nicht ernsthaft an der Beseitigung der Mängel gearbeitet und so manche Beschwerde bagatellisiert wird. Lassen Sie mich einen Punkt ansprechen, der gerade in der heutigen Zeit für uns sehr wichtig ist. Nach Einsetzung des Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuss „Kurnaz“ wurde vorgeschlagen, die Arbeit des Unterausschusses „Innere Führung“ wegen der Arbeitsbelastung nach dem Frühjahr 2007 einzustellen.
Ausgerechnet der Ausschuss, der solche Vorkommnisse wie die in Afghanistan aufzuarbeiten hat, soll eingestellt werden? Der Ausschuss, der die Fragen der Nachwuchswerbung begleiten muss, der sich mit den Kriterien der Eignungsprüfung stärker zu befassen hat und der in besonderem Maße Verantwortung für die politische Bildung und Vermittlung gesellschaftlicher Werte trägt, muss weiterarbeiten - und dies in einer besseren Qualität.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn man eine Sitzung dieses Ausschusses in letzter Minute auf 7.30 Uhr ansetzt und man verkehrstechnische Probleme hat, dann ist es wirklich schwierig, daran teilzunehmen. Man muss diese Termine auch richtig planen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Früher aufstehen! -
Hedi Wegener [SPD]: Jeder Arbeiter fängt um
7 Uhr an!)

Die im Bericht des Wehrbeauftragten aufgelisteten Mängel stehen auch im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen. Das wiederholte Versagen der Verantwortlichen in der Bundeswehr im Rahmen der Ausbildung und der Vorbereitung auf Auslandseinsätze sowie der psychische Stress für die Soldatinnen und Soldaten bei Auslandseinsätzen bestärken die Fraktion Die Linke in ihrer Forderung, den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan einzuleiten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert
Winkelmeier [fraktionslos]