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Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst

Rede von Christine Buchholz,

Christine Buchholz (DIE LINKE):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung spricht in ihrem Koalitionsvertrag von einer „wertegebundenen“ Außenpolitik. Gehört zu diesen Werten auch die Ehrlichkeit? Das, was wir eben vom Exverteidigungsminister zum Massaker von Kunduz vernommen haben, legt etwas anderes nahe: Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst.
(Beifall bei der LINKEN)
Zu den Unwahrheiten gehört es, den Eindruck zu erwecken, die Auslandseinsätze der Bundeswehr wären eine Art humanitäre Hilfsmission. Es gibt de facto keine Trennung zwischen ISAF und OEF in Afghanistan. Beide werden von demselben General geführt. Beide führen einen Krieg, dessen Hauptleidtragende die afghanische Bevölkerung ist. Laut UNO starben allein 2008 über 1 200 Zivilisten. Dieser Krieg wird mit Lügen geführt, und dieser Krieg wurde mit einer Lüge begonnen. Operation Enduring Freedom soll angeblich dem Kampf gegen den Terror dienen. Die NATO begann den Einsatz im Zuge der bedingungslosen Solidarität mit den USA nach den schrecklichen Anschlägen vom 11. September 2001.
Die Friedensbewegung hat diese Begründung schon damals abgelehnt und darauf hingewiesen, dass die Taliban selbst 2001 die Auslieferung Bin Ladens unter bestimmten Bedingungen angeboten hatten. Aber die Bush-Regierung suchte gar nicht Bin Laden. Sie suchte einen Vorwand, um den Nahen und Mittleren Osten mit militärischen Mitteln neu zu ordnen,
(Beifall bei der LINKEN)
um direkten Zugriff auf die Ölreserven des Irak zu bekommen, um den Iran zu isolieren, um den Transport der Ressourcen des kaspischen Raums zum Indischen Ozean zu ermöglichen und um Truppen an der Südflanke Russlands und an der chinesischen Westgrenze zu stationieren. Diese Vision für die US-Außenpolitik hatten spätere Mitglieder der Bush-Regierung bereits 1999 in dem Strategiepapier „For a New American Century“ formuliert. Wir meinen, bei diesem als globalem Feldzug für die andauernde Freiheit verkauften Krieg gegen den Terror geht es in Wirklichkeit um eines: um geostrategische und ökonomische Interessen.
(Beifall bei der LINKEN)
Deshalb macht Deutschland dabei mit. Wie in Ihrer Koalitionsvereinbarung steht, ist das Ziel Ihrer Außenpolitik die Wahrung deutscher Interessen. Es geht dabei um den Zugang zu Märkten und Rohstoffen, die Sicherung von Handelswegen und um die Aufrechterhaltung der Weltwirtschaftsordnung, einer Weltwirtschaftsordnung, in der Profite und nicht das Wohl der Menschen das Maß aller Dinge sind. Dafür töten und sterben junge Männer und Frauen aus Deutschland in Afghanistan, am Horn von Afrika und wo in Zukunft auch immer. Diese Weltwirtschaftsordnung ist für den Tod von über 10 Millionen Kindern im Jahr verantwortlich, die an Hunger und leicht heilbaren Krankheiten sterben. Für Milliarden Menschen auf der ganzen Welt ist dies der alltägliche Terror. Nur 40 Milliarden Dollar pro Jahr würden reichen, um all diese Leben zu retten. Allein der Krieg in Afghanistan hat inzwischen ein Vielfaches davon gekostet.
Wir freuen uns, dass sich in der SPD die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Operation Enduring Freedom abzulehnen ist. Leider führt die SPD das hat Kollege Arnold eben deutlich gesagt in Wirklichkeit die bisherige Außenpolitik fort, wenn sie die Aufgaben von OEF jetzt unter der Flagge von Atalanta und ISAF durchführen will. Mit dieser Augenwischerei muss endlich Schluss sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Die einzig richtige Entscheidung kann nur sein, gegen die Verlängerung des OEF-Mandats und gegen alle weiteren Kriegseinsätze zu stimmen. Das ist die Position der Friedensbewegung, und das ist die Position der Fraktion der Linken.
(Beifall bei der LINKEN)