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ILO-Übereinkommen für Hausangestellte umgehend ratifizieren

Rede von Klaus Ernst,

Sehr geehrte(r) Frau Präsidentin/Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

„Wenn Hausangestellte wie Putzlumpen behandelt werden“. So titelte im November 2011 die Süddeutsche Zeitung. Damals sorgte der Fall einer indonesischen Hausangestellten, die in der arabischen Vertretung hier in Berlin beschäftigt war, für großes Aufsehen. Der Vorwurf: Unterbezahlt, misshandelt und vergewaltigt. Dass der saudische Diplomat zunächst davon kam, hat er allein seinem Diplomatenstatus zu verdanken, der ihn schützte. Mittlerweile hat das Bundesarbeitsgericht in diesem Fall geurteilt, dass dem Diplomaten in Deutschland der Prozess gemacht werden darf. Das es sich bei dem geschilderten Fall scheinbar um keinen Einzelfall handelt, beweist das im Juni 2011 verabschiedete Übereinkommen 189 zum Schutz der Rechte von Hausangestellten der internationalen Arbeitskonferenz - der ILO - in Genf.

Seitdem sind bereits eineinhalb Jahre ins Land gezogen. Selbst die Kanzlerin hielt das Thema für so wichtig, dass sie es sich nicht nehmen ließ, in ihrer Rede vor den Delegierten der ILO-Mitgliedsstaaten zu erklären, dass die ILO mit dem Abkommen einen Meilenstein für faire und gerechte Beschäftigung in ganz neuen Bereichen gesetzt habe.

Seit dem 7. August 2012 sind die Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Übereinkommens geschaffen. Es war allerdings nicht die Bundesregierung, die durch die Ratifizierung für die nötige Mindestzahl an Staaten gesorgt hat, sondern Uruguay und die Philippinen! Damit tritt das Übereinkommen zwölf Monate später, zum 5. September 2012, in Kraft. Mit der zügigen Ratifizierung hätte die Bundesregierung ein Beispiel für andere Staaten bei der weltweiten Umsetzung von arbeits- und sozialrechtlichen Standards für Hausangestellte geben können. Allein sie hat es bisher versäumt.

Dabei ist allein in 2,6 Millionen deutschen Haushalten mindestens eine regelmäßige Hausangestellte beschäftigt. Angemeldet sind davon allerdings lediglich 250.000. 90 Prozent aller Beschäftigungen in Privathaushalten finden also irregulär statt. Ohne Arbeitsvertrag, ohne Anmeldung der Beschäftigung und vor allem ohne Sozialversicherung und Steuerabgaben. Die überwiegende Zahl der Hausangestellten in Deutschland sind Frauen, oft im Pflegebereich beschäftigt. Gerade die Anonymität in Privathaushalten, führt oftmals dazu, dass Migrantinnen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus in haushaltsnahen Dienstleistungen landen. Sie sind somit nahezu rechtlos und müssen zudem unmenschliche Arbeits- und Lebensbedingungen ertragen. Dem setzt das ILO-Übereinkommen einen Riegel vor.

Ein vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass eine Ratifizierung der ILO-Konvention auch ohne aktuelle Rechtsänderungen möglich sei. Es ist aus Sicht der LINKEN deshalb unverständlich, warum die Bundesregierung noch immer damit beschäftigt ist, die Umsetzung des Übereinkommens in deutsches Recht zu prüfen.


Jeder Tag der Nichtratifizierung des Übereinkommens ist deshalb ein verlorener Tag für die Betroffenen. Wir erwarten von der Bundesregierung, das Übereinkommen so schnell wie möglich dem Bundestag vorzulegen. Wir werden die Kanzlerin bei Wort nehmen und uns für eine rasche Ratifizierung im Interesse der betroffenen Hausangestellten in Deutschland und Weltweit weiter stark machen.

Vielen Dank.