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Heike Hänsel: Keine weiteren Waffen nach Saudi-Arabien und in die Türkei

Rede von Heike Hänsel,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen ausdrücklich, dass heute ein Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Syrien und zur Ukraine stattfindet; denn Dialog ist der richtige Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht darum, endlich wieder miteinander zu reden und sich nicht mit immer neuen Sanktionsforderungen und Säbelrasseln zu profilieren.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer rasselt denn mit dem Säbel? Es ist Putin, der mit dem Säbel rasselt!)

In diesem Zusammenhang begrüßen wir die aktuell von Russland und Syrien ausgerufene einseitige Feuerpause. Sie muss dazu genutzt werden, einen umfassenden beiderseitigen Waffenstillstand herbeizuführen.

(Beifall bei der LINKEN)

Übrigens gibt es ja wohl schon erste Meldungen über einen möglichen Abzug der Fatah-al-Scham-Rebellen aus Aleppo. Das würden wir ausdrücklich begrüßen. Es wäre ein wichtiger Erfolg für die Vereinten Nationen in diesem gesamten Konflikt.

(Beifall bei der LINKEN)

Bomben, egal von welcher Seite – das sagen wir ausdrücklich –, schaffen keinen Frieden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sehen wir im Osten Aleppos mit aller Schärfe. Wer nur, wie die Bundesregierung – leider hat das mein Vorredner auch wieder gemacht –, von syrischen und russischen Bomben spricht,

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Er hat gesagt: alle! Sie haben nicht zugehört! – Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Sie haben die Rede vorher geschrieben!)

aber dazu schweigt, dass in Syrien auch US-amerikanische, türkische, saudi-arabische und französische Bomben fallen, der macht sich völlig unglaubwürdig.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Wer bombardiert denn die Zivilbevölkerung?)

Zur Wirklichkeit in Aleppo gehört auch – das habe ich bisher nur wenig gehört – die Beschießung West-­Aleppos mit Mörsergranaten durch islamistische Rebellen, wodurch ebenfalls zahlreiche Zivilisten getötet oder verstümmelt werden. All das muss ein Ende haben!

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Muss! Muss! Muss!)

– Ja.

Dafür brauchen wir die entsprechenden Voraussetzungen. Dazu gehört unter anderem, dass die Bundesregierung endlich ihre strategischen Partnerschaften mit autoritären Regimen und Diktaturen wie der Türkei und Saudi-Arabien aufgibt, die den Krieg in Syrien und im Irak weiter anheizen und islamistische Gruppen nachweislich mit Waffen versorgen.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Russland!)

Dazu gehört auch, dass Sie in diese Länder keine Waffen mehr liefern. Ich finde es einen Skandal, dass sich Rheinmetall gemeinsam mit einem türkischen Unternehmen an einer neuen Panzerschmiede in der Türkei beteiligt und damit in die Massenproduktion von türkischen Panzern einsteigen will, während die kurdische Zivilbevölkerung mit türkischen Panzern bekämpft wird. Das ist doch nicht hinnehmbar. Beenden Sie endlich dieses Geschäft mit dem Tod!

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sind leider Meister einer Politik der Doppelstandards.

(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Das müssen Sie gerade sagen! Das ist ja unglaublich!)

Für Syrien fordern Frank-Walter Steinmeier für die Bundesregierung, aber auch Norbert Röttgen eine Flugverbotszone; das haben wir auch von Cem Özdemir gehört. Aber wer hat nach den massiven Luftangriffen auf den Jemen, etwa der Bombardierung von Hochzeitsgesellschaften oder der Bombardierung zahlreicher Krankenhäuser, und nach dem Appell von Amnesty International an die Weltgemeinschaft eine Flugverbotszone gefordert?

(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben das ins Plenum gebracht!)

Ich habe die Bundesregierung danach gefragt. Sie hat mir geantwortet, eine Flugverbotszone für den Jemen sehe sie nicht vor, da unklar ist, wer sie durchsetzen solle. Mit dieser Politik der Doppelstandards, mit dieser Einseitigkeit der Bundesregierung können wir international nicht zu Dialog und Konfliktlösung beitragen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie können überhaupt nicht zur Konfliktlösung beitragen!)

Diese Politik der Doppelstandards muss beendet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Das betrifft übrigens auch den Irak. Die nun verkündete Großoffensive auf Mosul wird natürlich auch vielen Zivilisten das Leben kosten und zu vielen neuen Flüchtlingen führen. Die UN sprechen in diesem Zusammenhang von 1 Million Menschen. Und ich sage Ihnen: Die Offensive birgt die Gefahr für einen neuen Krieg in der Region. Präsident Erdogan hat nämlich angekündigt – ich zitiere ihn –:

"Wenn Mosul vom IS ... befreit worden ist, sollten nur sunnitische Araber, Turkmenen und sunnitische Kurden dableiben."

Zu diesem skandalösen Satz, der bedeutet, dass es zu ethnischen Vertreibungen oder vielleicht auch zu Grenzverschiebungen kommen kann, habe ich von der Bundesregierung kein einziges Wort gehört.

(Dr. Johann Wadephul [CDU/CSU]: Sie haben ja gar keine Ahnung!)

Es ist wirklich inakzeptabel, dass Sie zu einer solchen Politik von Erdogan schweigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich frage mich auch, wie Sie nach wie vor rechtfertigen, dass Sie den Kurden im Norden Syriens keine humanitäre Hilfe leisten, dass Sie sich nicht gegen die türkische Blockade gegenüber den Kurden aussprechen. Auch hier wäre es überfällig, dass sich die Bundesregierung für diejenigen einsetzt, die derzeit am effektivsten gegen den IS kämpfen.

Krieg als Mittel der Politik bedeutet immer eine menschliche und politische Katastrophe. Krieg ist immer ein Verbrechen, egal von welcher Seite. Auch Terrorismus lässt sich damit nicht bekämpfen. Wir brauchen endlich den Anlauf neuer politischer Initiativen in Syrien und im Irak. Dazu gehört auch die breite Beteiligung der Zivilgesellschaft; sie ist mittlerweile nämlich ganz außen vor. Es gibt nach wie vor politische Initiativen der zivilen Opposition in all diesen Ländern, einer Opposition, die sich dafür starkmacht, eine neue Politik des Friedens zu entwerfen. Sie braucht unsere Unterstützung.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)