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Heidrun Bluhm: Sprint statt Schneckentempo bei Förderung strukturschwacher Regionen und Energiewende

Rede von Heidrun Bluhm-Förster,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Altmaier, Sie haben in Ihrer letzten Rede zu diesem Einzelplan gleich zu Beginn gesagt, dass der wirtschaftliche Aufschwung bei den Menschen ankomme und dies auch von den Menschen so wahrgenommen werde. Die Frage ist jedoch: Welche Menschen meinen Sie? Ja, die Wirtschaft boomt. Aber zu welchem Preis? Der Boom kommt nämlich nicht bei allen Menschen an. Dafür bräuchten wir eine stärkere Umverteilung von oben nach unten. Drei Beispiele dafür von den Linken.

Erstens: eine gerechte Einkommensteuer für alle, die weniger als 7.100 Euro brutto im Monat verdienen. Sie sollen aus unserer Sicht steuerlich entlastet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur Gegenfinanzierung ist der Spitzensteuersatz auf 53 Prozent anzuheben, genauso wie zu Helmut Kohls Zeiten.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der war ja bekanntlich radikaler Sozialist!)

Zweitens: Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde, damit alle Menschen von ihrer Arbeit leben können, sowie das Ende der sachgrundlosen Befristung.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Für erwerbslose Menschen – diese vergessen Sie leider allzu oft – muss es eine sanktionsfreie Mindestsicherung über 1 050 Euro im Monat geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Wirtschaft das leistet, dann können Sie sagen, dass der wirtschaftliche Aufschwung bei den Menschen ankommt.

(Bernhard Loos [CDU/CSU]: Wer soll das bezahlen? Wer bezahlt das? – Gegenruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Hat sie doch gesagt!)

Grundlegend muss der gesellschaftliche Reichtum bei den Menschen ankommen, die diesen Reichtum auch schaffen. Solange das nicht der Fall ist, wäre ich vorsichtig, zu behaupten, dass der Aufschwung bei den Menschen ankommt.

(Beifall bei der LINKEN)

Solche Aussagen bringen nämlich auch politischen Verdruss, Herr Kollege.

Zu Ihrer These, der Aufschwung werde als solcher auch von den Menschen wahrgenommen: Leider nein! Was die Menschen wahrnehmen, ist die Regierungskrise. Die Bürgerinnen und Bürger nehmen aber auch wahr, dass ihr Wirtschaftsminister viel zu wenig für strukturschwache Regionen und für ländliche Räume tut, entgegen aller Ankündigung. Mit dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand, ZIM, werden kleine und mittelständische Unternehmen sowie Kleinstbetriebe gefördert, und das überproportional in Ostdeutschland. Im Haushaltsentwurf wollten Sie hier sogar den Rotstift ansetzen und 5 Millionen Euro streichen. Diese haben Sie jetzt wieder draufgelegt, aber keinen Cent mehr. Sie loben sonst so oft den Mittelstand. Wenn es aber einmal darauf ankommt, dann knausern Sie wie Dagobert Duck.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist ein völlig falsches Signal. Deswegen haben wir einen Antrag eingebracht, mit dem wir die KMU um weitere 50 Millionen Euro stärken wollen.

Bei der Ausstattung des Beauftragten für die neuen Bundesländer das gleiche Spiel: Auch da wurde im Entwurf die Schere angesetzt und auf den letzten Drücker wieder etwas draufgelegt. Sie stellen also gerade einmal den alten Zustand wieder her, verwalten das Gewohnte, anstatt endlich neue Impulse zu setzen. Gezielte Regionalpolitik muss finanziell besser aufgestellt sein. Sie muss die Nachteile mildern, die weite Teile Ostdeutschlands, aber auch Landkreise und Städte im Westen prägen.

Wenn es um die Wirtschaftskraft strukturschwacher Regionen geht, dürfen Sie auch den Tourismus nicht außer Acht lassen. Tourismus ist einer der Wirtschaftsfaktoren vor allem in den neuen Ländern.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Deshalb haben wir die DZT gestärkt!)

Das ist nicht nur vor meiner Haustür in Mecklenburg-Vorpommern zu spüren. Deshalb, Herr Mattfeldt, freuen wir uns, dass die Deutsche Zentrale für Tourismus im aktuellen Haushalt bessergestellt wurde. Wo gelobt werden soll, muss auch gelobt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU] – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Danke schön!)

Wir wünschen uns aber gleichsam – damit kommt die Kritik, der Haken –, dass das Thema Kinder- und Jugendreisen noch stärker in den Fokus rückt und auch ein Schwerpunktthema wird. Weltoffenheit, Toleranz gegenüber anderen Menschen und interkulturelles Verständnis kann man nicht früh genug lernen. Der Tourismus ist dafür mehr als geeignet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der jüngsten Studie der KfW hat sich der Investitionsrückstand in den Kommunen um gut 30 Milliarden Euro auf 159 Milliarden Euro erhöht. Deshalb fordern wir unter anderem, dass nach dem Auslaufen des Solidarpakts II in 2019 ein Solidarpakt III aufgelegt wird, über den gezielt in strukturschwache Regionen sowie ländliche Räume in Ost und West investiert wird.

(Beifall bei der LINKEN – Bernhard Loos [CDU/CSU]: Soli weg!)

Diese Regierung will dem Soli aber ganz an den Kragen – völlig falsch, weil die Streichung natürlich wieder nur die Besserverdienenden entlastet.

Mein letzter Punkt: Energiewende. Durch den fortschreitenden Klimawandel muss die Wärmeversorgung rasch auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Doch die Bundesregierung befindet sich bestenfalls im Trab statt im Sprint. Dies unterstreichen Jahr für Jahr die Stellungnahmen der Expertenkommission zum Monitoring-Bericht „Energie der Zukunft“: Es bestehe erheblicher Handlungsbedarf; denn um das Klimaziel für 2030 noch zu erreichen, muss Deutschland seine CO 2 -Emissionen dreimal stärker senken als in den letzten 18 Jahren. Wie wollen wir das schaffen?

Nicht nur deshalb sollte im Haushalt für das Marktanreizprogramm zur Förderung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien mehr Geld eingestellt werden. Meine Damen und Herren, der Minister muss in die Pu­schen kommen. Nur dann, wenn wir das Geld, das wir haben, auch wirklich einsetzen, erzielen wir diese Wirkung. Ich fordere Sie daher auf: Nehmen Sie mit maximaler Energie die Energiewende in Angriff!

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)