Rede zum Bundeshaushalt für das Jahr 2012, Einzelplan 16 - Ressort Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Der Haushalt spiegelt nach unserer Einschätzung die Irrfahrt in der Frage der Atommüllverwahrung der letzten Jahre und Jahrzehnte wider.
(Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Ich glaube, Sie sind gar nicht im Stoff!)
Da haben wir keinen Konsens, Herr Kollege Schulte-Drüggelte. Ich bin nicht so optimistisch, und ich möchte das hier an einigen Punkten deutlich machen. Sie haben recht: In der letzten Zeit ist immer wieder betont worden, dass ergebnisoffen nach einem Standort für die dauerhafte Verwahrung des Atommülls gesucht werden soll, dass Gorleben ergebnisoffen erkundet und ein neues Suchverfahren angestrebt wird. Wenn wir allerdings wirklich ergebnisoffen nach einem bestmöglichen Standort suchen wollen das wird tagtäglich im Untersuchungsausschuss deutlich, dann muss als Allererstes Gorleben aus dem Topf der möglichen Standorte heraus.
(Beifall bei der LINKEN Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Wenn Sie zugehört hätten, müssten Sie jetzt nicht vom Blatt ablesen!)
Es gibt weltweit keine für 1 Million Jahre sichere Verwahrung. Wir müssen erst einmal überlegen, wie wir mit der Verantwortung, die wir 40 Jahre lang nicht wahrgenommen haben, umgehen und welche Schritte wir unternehmen. Das wird nur mit einer öffentlichen Beteiligung und mit einer breiten gesellschaftlichen Debatte funktionieren. Wir müssen als Allererstes das Vertrauen der Menschen in die Politik und in die Sachverständigen wiederherstellen. Dazu ist ein transparentes und gerichtlich nachprüfbares Such- und Auswahlverfahren notwendig.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Marco Bülow (SPD))
Sie haben recht: Für die Standortsuche stehen zum ersten Mal 3,5 Millionen Euro zur Verfügung. Früher stand immer nur 1 Million Euro zur Verfügung, nämlich für technisches Equipment, also für Behälter etc. Somit haben wir jetzt 2,5 Millionen Euro mehr. Aber wenn wir uns vor Augen führen, welche Aufgaben wir vor uns haben, sind 2,5 Millionen Euro deutlich zu wenig. Deswegen beantragt meine Fraktion, 5 Millionen Euro im Haushalt anzusetzen. Wenn wir wirklich ergebnisoffen suchen und die Frage der Rückholbarkeit klären wollen, werden wir mit 3,5 Millionen Euro nicht weit kommen.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Ute Vogt (SPD))
Ich möchte im Einzelnen einige der Projekte, über die wir in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder diskutiert haben, beleuchten. Erstens: Gorleben. Sie sehen einen Ansatz von 73 Millionen Euro vor. Wohl wahr, ein Teil davon wird über die EVUs zurückkommen. Ich habe zugegebenermaßen den Bundesanteil in dieser Summe nicht gefunden. Wenn dem nicht so ist: Wo ist die Rückzahlung der EVUs verbucht? Wenn wir wirklich ergebnisoffen suchen wollen, dann brauchen wir keinen Weiterbau von Gorleben. Dann reichen Mittel, um eine bergtechnische Sicherung von Gorleben vorzunehmen. Dafür reichen 25 Millionen Euro. Daher ist es falsch, wenn Sie sagen, wir wollten immer nur mehr Geld ausgeben. Da ließe sich sehr gut etwas einsparen. Dass Gorleben ungeeignet ist, was das Deckgebirge, den Grundwasserkontakt oder das Gas betrifft, ist in den letzten Monaten hinlänglich im Untersuchungsausschuss deutlich geworden.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zweitens: Schacht Konrad. Ich kann ihn nicht ganz so ausführlich behandeln. Dafür haben Sie 209 Millionen Euro vorgesehen. Wir sagen: Auch dort sind nur Maßnahmen zur Grubensicherheit notwendig. Nicht nur die Linke, sondern auch die Menschen vor Ort, die sich sehr intensiv mit diesem Thema befassen, auch die Betriebsräte in den Werken in Salzgitter, halten den Schacht Konrad für ungeeignet. Es handelt sich um ein altes Bergwerk mit großen sicherheitstechnischen Problemen. Damals ist nicht der bestmögliche Standort, sondern ein politisch opportuner Standort ausgewählt worden. Also, auch dort gibt es Einsparmöglichkeiten. Ich möchte Sie noch auf eines hinweisen: Sie stellen 700 000 Euro für den Salzgitter-Fonds ein. Diese Summe ist erstmalig nicht gesperrt. Wenn Sie aber immer behaupten, der Schacht Konrad sei so sicher, dann frage ich Sie, warum es einen Nachteils- und Gefahrenausgleich für die örtlichen Kommunen geben muss. Da beißt sich die Argumentation in den Schwanz. Diese 700 000 Euro könnten weggelassen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Drittens und zu guter Letzt: die Asse. Sie haben dafür einen Ansatz von 100 Millionen Euro. Der größte Teil davon ist für die Grubensicherung und für die Vorbereitung der Vollverfüllung vorgesehen, nur 22 Millionen Euro für Planungen zur Rückholung. Da stellen sich mir schon einige Fragen: Wann wollen Sie denn konkret darangehen, diese Rückholung und das, was damit zusammenhängen wird, in Angriff zu nehmen? Wenn wir dem Optionenvergleich folgen und wirklich eine Rückholung in Angriff nehmen, werden wir oberirdisch ein Zwischenlager, zumindest für ein gewisse Zeit, brauchen. Wir werden eine Konditionierungsanlage brauchen. All diese Dinge wollen geplant werden. Dafür braucht es Grundstücke und Vorbereitung. Das ist mit 22 Millionen Euro nicht zu schaffen. Oder warten Sie ab, bis die Asse nicht mehr standsicher ist und gar keine Option zur Rückholung mehr bleibt? Da kann man doch sehr misstrauisch werden.
Fazit: Der Haushalt spiegelt nicht den vermeintlichen Erkenntnisgewinn der schwarz-gelben Bundesregierung nach oder durch Fukushima wider. Es drängt sich der Eindruck auf, es handelt sich doch in weiten Teilen um Lippenbekenntnisse. Die Menschen merken das. Die Menschen erlangen so kein weiteres Vertrauen. Dies schafft kein Zutrauen, dass Politik verantwortungsvoll mit den Gefahren umgeht.
Sie ahnen: Jeder weitere Castor im schon vollen Zwischenlager Gorleben macht es wahrscheinlicher, dass der Schwarzbau eines Tages zum Einsatz kommt. Deswegen werden sie am Wochenende zu Tausenden demonstrieren und Widerstand leisten, und Die Linke mit ihnen.
Ich danke.
(Beifall bei der LINKEN)