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Harald Weinberg: Krankenhausinfektionen: Patientensicherheit statt Personalmangel und Kostendruck

Rede von Harald Weinberg,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema begleitet mich seit Beginn meiner Abgeordnetentätigkeit. 2009 hat die Linke bereits einen Sechs-Punkte-Plan zur Bekämpfung von Krankenhausinfektionen vorgelegt. Er ist damals abgelehnt worden, unter anderem von der FDP, weil sie im Wesentlichen gesagt hat: Dafür müssen die Krankenhäuser im Wesentlichen selber sorgen. Da soll der Staat nach Möglichkeit nicht eingreifen. – Ich erinnere daran nur noch mal; denn solche Sachen darf man insgesamt nicht vergessen.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

2011 hat die damalige Bundesregierung ein Infektionsschutzgesetz vorgelegt, das deutlich zu spät kam, aber sinnvolle Regelungen vorsah, zum Beispiel verbindliche Hygienefachkräfte mit Befugnissen in den Krankenhäusern. Es gab darauf aufbauend die Fortsetzung der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie, DART 2020. 2015 hat Minister Gröhe einen Zehn-Punkte-Plan auf den Weg gebracht, um die MRSA-Problematik anzugehen. Es hat sich also durchaus einiges getan. Das Grundproblem ist allerdings nicht verschwunden; das muss man auch erst mal ganz nüchtern feststellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun hat die AfD dieses Thema für sich entdeckt; etwas spät, aber immerhin. Das Bemerkenswerte an dem Antrag – finde ich zumindest – ist: Begriffe wie „Ausländer“, „Asylmissbrauch“ und Ähnliches kommen in diesem Antrag nicht vor.

(Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und er ist immerhin von einer Fachlichkeit, die diskutabel ist. Dennoch gibt es aus unserer Sicht vier Punkte, die wir deutlich anders sehen:

Erstens. Der Kostendruck in den Krankenhäusern durch die Finanzierung mit Fallpauschalen und der damit einhergehende Quasiwettbewerb zwischen den Krankenhäusern setzt Anreize, möglichst viele Patienten mit möglichst wenig Personal möglichst schnell zu behandeln. Die Situation und der Arbeitsdruck, der davon ausgeht, sind Gift für die Patientensicherheit. Der AfD-Antrag aber adressiert das nur an einer Stelle und fordert eine aus unserer Sicht viel zu unspezifische „bundeseinheitliche Personalbemessung“.

Zweitens. Bei der Ausbreitung von Resistenzen handelt es sich nicht nur um ein Problem in Deutschland, sondern um ein weltweites Problem. In vielen Ländern sind Antibiotika nach wie vor ohne ärztliche Verordnung frei verkäuflich. Das bedeutet jedoch, dass es auch auf der Ebene der EU und der WHO Regelungen und Maßnahmen geben muss, einen solchen extensiven Antibiotikaeinsatz einzudämmen. Da die AfD beiden Institutionen feindlich gegenübersteht, kommt das in ihrem Antrag gar nicht vor.

Drittens. In dem AfD-Antrag wird unter Punkt 18 gefordert, „wirtschaftliche Anreize für die Pharmaindustrie zu schaffen, um Arzneimittel und Wirkstoffe in Deutschland zu produzieren und die Forschung zur Entwicklung von neuen Antibiotika und Impfstoffen zur Sepsis-Prävention z. B. durch Änderung des Patentschutzes sicherzustellen.“ Was Letzteres heißen soll, bleibt vage. Ersteres funktionierte in den letzten Jahren definitiv nicht. Deshalb fordern wir bereits seit Jahren in jeder Haushaltsdiskussion, die wir hier haben, eine halbe Milliarde Euro für pharmaunabhängige Forschung,

(Beifall bei der LINKEN)

um genau so etwas zu machen wie beispielsweise die Entwicklung wirksamer Reserveantibiotika, die für die Pharmaindustrie, weil sie nicht direkt massenhaft zum Einsatz kommen, nicht attraktiv und lukrativ ist. Das ist das Problem dabei. Die AfD lehnt diese Anträge mit ab.

Viertens. Eine der Hauptursachen für die Bildung von Resistenzen bleibt in dem Antrag komplett unbenannt, nämlich der häufig präventive Einsatz von Antibiotika in der Tiermast und in der Tierhaltung. Zwar hat sich hier auch einiges getan. Die Kontrollen sind besser geworden. Aber vor allem in der Geflügelzucht ist der Einsatz von Antibiotika immer noch gang und gäbe –

– und ein wahres Trainingslager zur Herausbildung von Resistenzen der Antibiotika.

Nun ist es am Ende egal, ob das ein Versehen war oder ob sich die AfD absichtlich an die Seite der industriellen Tiermastunternehmen stellt. Alle vier Punkte zusammen reichen aus, dass wir den Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)