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Harald Weinberg: Es bewegt sich was in der Pflege!

Rede von Harald Weinberg,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Und es bewegt sich doch was beim Pflegethema! Gratulation von meiner Seite an die Pflegekräfte und ihre Gewerkschaft, die mit Aktionen und Streiks den Druck so erhöht haben, dass die unerträglichen Verhältnisse nun erkannt, benannt und hoffentlich in Bewegung geraten sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Einen besonderen Gruß der Solidarität möchte ich von dieser Stelle an die Streikenden der Universitätskliniken in Essen und Düsseldorf richten. Sie kämpfen für einen Haustarifvertrag für personelle Entlastung.

(Beifall bei der LINKEN)

Versuche der Klinikleitungen, das per einstweiliger Verfügung zu unterbinden, sind zu Recht gescheitert. Daraufhin hat jetzt die Tarifgemeinschaft der Länder, also die Arbeitgeberseite der Bundesländer, alle laufenden Tarifverhandlungen mit Hinweis auf diese Streiks abgebrochen – alle, also auch die für die Lehrer. Das ist aus meiner Sicht ein ungeheuerlicher Vorgang, ein enormer Skandal. Ich fordere die TdL auf, sofort an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Streikenden in Essen und Düsseldorf haben diese Provokation richtig beantwortet: „Jetzt erst recht!“, lautete ihre Antwort, und sie haben den Streik ausgeweitet.

Meine Damen und Herren, mit Anträgen zu Sofortmaßnahmen gegen den Pflegenotstand in den Krankenhäusern und in der Altenpflege ganz zu Beginn der Wahlperiode haben Linke und Grüne sehr früh Impulse gesetzt.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)

Die Position unserer Fraktion war immer auch, die falschen Anreize durch die DRG-Finanzierung in den Krankenhäusern, also die Fallpauschalen für bestimmte Krankheitsbilder, zurückzudrängen und zur Budgetfinanzierung gemäß dem Selbstkostenprinzip zu kommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür wurden wir das eine oder andere Mal belächelt oder gar verlacht.

Aber dann bewegten sich die Dinge auch hier allmählich. Im Koalitionsprogramm steht dann plötzlich: Die Pflege soll aus den DRGs herausgerechnet und mit krankenhausindividuellen Budgets finanziert werden. Und jetzt kommt das Pflegepersonalstärkungsgesetz, das damit Ernst machen will. Links wirkt, wie man sieht!

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Und zwar gut!)

Ganz aktuell startet die „Konzertierte Aktion Pflege“ für die Altenpflege mit fünf ministeriumsübergreifenden Arbeitsgruppen und weitreichenden Aufgaben. Eine solche Aktion hätte es schon länger gebraucht, aber es ist gut, dass es jetzt vorangehen soll. Sicher, da gibt es noch einiges an Detailfragen zu betrachten. Und sicher: Wir müssen genau schauen, was von den Ankündigungen und wie dann auch konkrete Politik wird.

In beiden Feldern gibt es aber noch Nachbearbeitungsbedarf, nämlich aus unserer Sicht eine gesetzliche bedarfsorientierte Personalbemessung,

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

eine Personalbemessung, wie sie von vielen Pflegefachverbänden, von Verdi, inzwischen sogar von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft und von uns bereits seit Jahren gefordert wird – sowohl für die Altenpflegeeinrichtungen als auch für die Krankenhäuser.

Damit könnte auch das Projekt aus der letzten Wahlperiode – die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen für pflegesensitive Bereiche –, das sich inzwischen ohnehin reichlich in den Verhandlungen verkantet hat, eingestampft werden. Eine Untergrenze ließe sich doch leicht dadurch definieren, dass man sagt: Das sind x Prozent – zum Beispiel 70 oder 80 Prozent – von der bedarfsgerechten Personalbemessung.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn das alles so wird wie angekündigt – noch fehlt uns dazu der Glaube –, dann könnte das der Einstieg in den Ausstieg aus der DRG-Finanzierung der Krankenhäuser werden.

(Zuruf von der LINKEN)

Das wäre schon ein richtig großer Schritt.

(Beifall bei der LINKEN)

Und schon melden sich andere Berufsgruppen wie der Marburger Bund und fordern eine grundlegende Korrektur des Vergütungssystems der Krankenhäuser. Die Tür ist aufgestoßen, zumindest einen Spalt. Jetzt heißt es auch für die aktiven Pflegekräfte, nicht nachzulassen und die Türe weiter aufzumachen, damit wir alle gemeinsam hindurchgehen können zu einer grundlegenden Reform der Krankenhausfinanzierung, die wir dringend brauchen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)