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Harald Petzold: Journalist_innen besser schützen

Rede von Harald Petzold,

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Besucherinnen und Besucher! Wir beraten heute einen Antrag der Großen Koalition und einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. In beiden geht es um die Einsetzung eines Sonderbeauftragten zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten. Ferner beraten wir heute die Fortschreibung der Aufgabenplanung der Deutschen Welle.

Da der Kollege Wanderwitz hier so tut, als müsse man diese zwei Themen zusammenpacken, da sie so wichtig seien, komme ich nicht umhin, zurückzufragen:

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum in der vorletzten Woche?)

Wenn Ihnen das so wichtig ist, warum packen Sie das in einem Tagesordnungspunkt zusammen, obwohl Sie wissen, dass wir allein zum Thema Deutsche Welle eine eigenständige Debatte benötigen? Und vor allem: Warum kommen Sie in der vorletzten Sitzungswoche mit diesem wichtigen Antrag zum Schutz der Journalistinnen und Journalisten um die Kurve?

(Marco Wanderwitz [CDU/CSU]: Es wäre traurig, wenn es nichts zu kritisieren gäbe! – Dagmar Ziegler [SPD]: Sollen wir die letzten zwei Wochen gar nichts machen?)

Die Taktik, die Sie anwenden, ist immer die Gleiche: Wenn Sie nicht wollen, dass wirklich ernsthaft über ein Thema gesprochen wird, packen Sie Themen so zusammen, dass man weder über das eine noch über das andere richtig reden kann.

(Martin Dörmann [SPD]: Sie haben schon viel Zeit vergeudet! Fangen Sie doch einfach mal an!)

Wenn wir tatsächlich über die Deutsche Welle intensiv reden wollen, müssten wir vor allem darüber reden, dass diese umfangreiche Mittelaufstockung, die in den vergangenen Jahren im Übrigen auch mit den Stimmen der Oppositionsfraktionen, wenn ich Sie daran erinnern darf, beschlossen worden ist, nicht genutzt worden ist, um endlich die Zahl der prekären Beschäftigungsverhältnisse zu verringern.

Es ist nicht gelungen, dort endlich eine faire Vergütung durchzusetzen. Es ist nicht gelungen, endlich den Frauenanteil zu erhöhen. Deswegen bleiben wir bei unseren Forderungen: Statt einen sinnlosen Wettbewerb mit der BBC, mit CNN, mit Al Jazeera oder Russia Today anzustreben, sollten wir endlich dafür sorgen, dass bei der Deutschen Welle eine faire Vergütung gezahlt wird, dass dort keine prekären Beschäftigungsverhältnisse mehr herrschen und dass es zu einer Tarifangleichung kommt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ansonsten wäre natürlich viel mehr Geld nötig; das wissen Sie. Es wäre viel mehr Geld nötig, wenn man die Deutsche Welle tatsächlich zu einem wirkungsvollen Instrument im Hinblick auf die Auslandsberichterstattung über die Bundesrepublik Deutschland ausbauen wollen würde.

Ich will für meine Fraktion den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Deutschen Welle für ihre Arbeit herzlich danken, die sie trotz schwieriger Rahmenbedingungen bei der Deutschen Welle leisten, sowohl beim Sender als auch bei der DW Akademie.

(Beifall der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])

Ich möchte dem Sender dazu gratulieren, dass er in diesem Jahr den Freedom of Speech Award an die White House Correspondents’ Association verliehen hat, also an die Journalistinnen und Journalisten des Weißen Hauses. Ihr Chef, Jeff Mason, hat bei der Preisverleihung – aus meiner Sicht völlig zutreffend – gesagt: Auch in etablierten Demokratien ist der Schutz von Journalistinnen und Journalisten unabdingbar.

Gerade in den Vereinigten Staaten erleben wir etwas, was im freiesten Land der Welt niemand für möglich gehalten hätte, nämlich dass Journalistinnen und Journalisten verunglimpft, herabgesetzt, geradezu zum Feind der Nation erklärt werden und dass ihre Arbeitsbedingungen so weit eingeschränkt werden, dass von Pressefreiheit schon fast nicht mehr die Rede sein kann. Andere Beispiele sind Russland und Mexiko, wo kritische Journalistinnen und Journalisten einfach erschossen werden. In Polen dürfen Journalistinnen und Journalisten nicht mehr über die Parlamentssitzungen berichten. In Ungarn und Polen werden bei den Sendern einfach die Führungen ausgetauscht, oder kritische Journalistinnen und Journalisten werden entlassen. Diese Liste ließe sich fortsetzen.

Der Gipfel ist die Türkei, wo über 100 Journalistinnen und Journalisten in Gefängnissen sitzen und wo wir maximale Besorgnis oder ganz besondere Besorgnis seitens der Bundesregierung zum Ausdruck bringen. Weil wir mit dem Diktator und Kurdenmörder Erdogan ja einen schmutzigen Deal vereinbart haben, damit Flüchtlinge von Deutschland ferngehalten werden. Auch das muss angesprochen werden, weil es dazugehört, wenn man über Pressefreiheit und den Schutz von Journalistinnen und Journalisten spricht.

Ich bin dem Bündnis 90/Die Grünen dankbar, dass dieser Antrag eingebracht und die Große Koalition noch einmal herausgefordert wurde, selber etwas vorzulegen, damit wir nicht nur über Ihren Antrag reden, der leider keine Mehrheit bekommen hätte.

(Martin Dörmann [SPD]: Wir waren vorneweg!)

Außerdem bin ich natürlich auch den Kolleginnen und Kollegen der Großen Koalition dankbar. Denn ich weiß, dass dieses Anliegen ohne Ihren Antrag hier gar nicht mehrheitsfähig gewesen wäre.

(Martin Dörmann [SPD]: Das ist Quatsch!)

Aber ich frage Sie natürlich: Warum sagen Sie nichts zur finanziellen Ausstattung eines solchen Sonderbeauftragten? Warum sagen Sie nichts dazu, ob die Bundesrepublik Deutschland einen freiwilligen finanziellen Beitrag leistet? Dazu sind wir nämlich aufgefordert worden.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Warum sagen Sie nichts dazu, dass Sie nicht bereit sind, Whistleblower zu schützen? Warum sagen Sie nichts dazu, dass Sie mit Ihrem Konzept der Vorratsdatenspeicherung natürlich auch die Arbeit der freien Presse einschränken? All diese Dinge gehören in diesem Zusammenhang mit auf den Tisch.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Trotzdem sage ich: Der Antrag ist wichtig, er geht in die richtige Richtung, und deswegen wird meine Fraktion dem Antrag zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)