Zum Hauptinhalt springen

Hände weg von der Steuerbefreiung auf Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit!

Rede von Barbara Höll,

Rede zum Antrag der SPD ”Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit erhalten” (Drs 17/244)

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nacht- und Sonntagsarbeit bedeutet für die meisten Menschen eine erhebliche Belastung. Schlaf- und Gesundheitsprobleme können die Folge sein. Ein eingeschränktes familiäres und soziales Leben muss in Kauf genommen werden. Daher haben Lohnzuschläge auf den Normallohn ihre Berechtigung. Gezahlt werden sie von den Unternehmen und in Form einer Steuerbefreiung der Zuschläge auch von der Allgemeinheit.

Die 2 Milliarden Euro, die die Steuerbefreiung jährlich kostet, lockt den jeweiligen Finanzminister zur Streichung nun auch Herrn Schäuble. Bereits im Mai 2003 hatte der Sozialdemokrat Peer Steinbrück, damals Landesministerpräsident, diese Euros im Blick. Als Bundesfinanzminister gab er auch die kürzlich veröffentlichte Studie, die die Abschaffung befürwortet, in Auftrag. Nun wird wieder, allen voran von der FDP, die Steuerbefreiung der Zuschläge als unsoziale Steuersubvention verunglimpft. Ich sage Ihnen: Wenn Krankenschwestern, Busfahrer oder Feuerwehrleute bereit sind, ihre Arbeit auch nachts und an Sonn- und Feiertagen zu verrichten, dann ist das doch sehr wohl im Interesse aller.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher ist eine Steuerbefreiung ihrer Zuschläge gerechtfertigt.

Ob die Steuerbefreiung das beste Mittel für einen berechtigt höheren Stundenlohn ist, kann man diskutieren. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Eine ostdeutsche Verkäuferin ist, wie immer mehr ihrer Kolleginnen, im Niedriglohnbereich beschäftigt. Das heißt 5,60 Euro die Stunde. Bekommt sie den steuerlich maximal freigestellten Sonntagszuschlag von 50 Prozent, sind das gerade einmal 2,80 Euro pro Stunde mehr an Sonntagen. Die Steuerbefreiung dieses Zuschlags nützt ihr gar nichts; denn ihr Einkommen ist ohnehin zu niedrig, als dass sie darauf überhaupt Steuern zahlt. Diese Verkäuferin geht bei der Steuerbefreiung also leer aus. Sie könnte nur durch die konsequente Einführung eines angemessenen Mindestlohns der Armutsfalle entfliehen. Deshalb wird die Linke an diesem Punkt auch nicht lockerlassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wäre nun aber die Folge einer Abschaffung der Steuerbefreiung? Höhere Nachtarbeitszuschläge in Unternehmen oder bei der öffentlichen Hand? Mehr brutto, damit es netto wenigstens das Gleiche bleibt? Wohl kaum. Die Beschäftigten sitzen immer mehr am kürzeren Hebel gegenüber den Arbeitgebern. Ob Schwarz-Gelb, Rot-Grün oder die Große Koalition: Alle Bundesregierungen haben ihren Beitrag dazu geleistet, den Niedriglohnsektor auszubauen. Sie haben damit die soziale und die Verhandlungsposition der Beschäftigten immer weiter ausgehöhlt.

Der überwiegende Teil der nachts und sonntags Arbeitenden lebt schon heute nicht in Saus und Braus, im Gegenteil. Wer ihnen von dem Wenigen, was sie bekommen, noch etwas nimmt, handelt eindeutig unsozial.

Ich freue mich, dass auch die SPD das eingesehen hat. Als sie noch in Regierungsverantwortung war, sah sie das anders.

(Dr. Daniel Volk (FDP): So ist das!)

2006 wurde im sogenannten Haushaltsbegleitgesetz neben der unsozialen Anhebung der Mehrwertsteuer eine drastische Beschränkung der Sozialversicherungsfreiheit von Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen eingeführt. So wie die SPD kann vielleicht, hoffe ich, auch die Regierungskoalition heute dazulernen.

Wir als Linke sagen Ihnen: Hände weg von der Steuerbefreiung auf Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit!

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)