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Grund zur Freude für Steuerhinterzieher!

Rede von Barbara Höll,

Rede von Barbara Höll zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung (Drucksache: 17/4182).

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie alle kennen doch den Spruch: Steuern zahlen nur die Dummen.

(Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich bin nicht dumm, und ich zahle auch Steuern!)

Hören Sie doch zu, Herr Schick. Sie kennen aber den Spruch.

Wenn man sich die zahlreichen Selbstanzeigen der letzten Zeit anschaut, fragt man sich angesichts dieser großen Zahl, ob an diesem Spruch nicht doch etwas daran sein könnte.

(Manfred Kolbe (CDU/CSU): Zahlen Sie denn welche?)

Fakt ist, Steuern zahlen die Ehrlichen, Herr Schick: Sie und ich. Die anderen begehen ohne Wenn und Aber eine Straftat das ist das Entscheidende und betrügen die Gesellschaft.

Oh Wunder, dieses Jahr ist die Zahl der Selbstanzeigen auf etwa 28 000 angestiegen. Das ist 14-mal so viel wie in den Jahren zuvor. In Baden-Württemberg gab es 7 342 Selbstanzeigen, in Nordrhein-Westfalen 5 158 und in Bayern 3 870.

(Dr. Daniel Volk (FDP): Das ist ja gerade der Erfolg der Selbstanzeige!)

Nicht etwa das schlechte Gewissen plagt die Leute, die sich auf einmal selbst anzeigen. Sie gehen nicht etwa deshalb jetzt reuevoll zum Finanzamt, weil sie auf einmal Steuern zahlen wollen. Nein, sie machen es, weil sie wissen, dass sie bald geschnappt werden könnten, aber, wenn sie sich jetzt selbst anzeigen, noch straffrei ausgehen könnten. Das ist die Wahrheit. Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein. Das ist einfach grob ungerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Steuergerechtigkeit ist so nicht zu schaffen.

Die Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige forderten laut Politbarometer vom Februar dieses Jahres etwa 60 Prozent der Befragten. Wahrscheinlich sind es inzwischen noch mehr. Wir wissen, dass mit dieser Bundesregierung eine Abschaffung wohl leider nicht möglich ist. Ich gebe zu, dass auch ich die Hoffnung hatte, dass Sie zumindest solche verschärfenden Regelungen planen, die auch tatsächlich verschärfend wirken. Aber Pustekuchen! Es gibt nur halbherzige Änderungen statt Konsequenz.

Bevor ich auf Ihre Änderungen eingehe, stelle ich fest, dass die Regelung der strafbefreienden Selbstanzeige, geregelt in § 371 der Abgabenordnung, eben nicht zu mehr Steuerehrlichkeit geführt hat, auch wenn Sie das laufend behaupten. Sie sollten dann wirklich einmal erklären, warum ausgerechnet in diesem Jahr nach dem Ankauf von Daten-CDs die Zahl der Anzeigen auf einmal gestiegen ist,

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Das war klar! Deshalb der Gesetzentwurf!)

nachdem die Bankdaten in Umlauf waren, nicht aber vorher. Wenn Sie ehrlich wären, müssten Sie das den Bürgerinnen und Bürgern sagen. Das tun Sie aber nicht.

Sie tun etwas anderes, und das zeigt, für wen Ihr Herz schlägt. Herr Volk hat das eben noch einmal sehr deutlich gemacht. Es schlägt eben nicht für den kleinen Handwerker, der brav seine Steuern zahlt, sondern für diejenigen, die ihr Vermögen fleißig ins Ausland bringen.

(Dr. Axel Troost (DIE LINKE): Über goldene Brücken laufen lässt!)

Nun kommen wir zu Ihrem großen Wurf.

Erstens. Künftig sollen bei einer Selbstanzeige alle Hinterziehungssachverhalte für alle nicht verjährten Veranlagungszeiträume offengelegt werden. Andernfalls erlischt die Straffreiheit. Das ist aber nicht neu darauf wurde schon hingewiesen – das hat der Bundesgerichtshof bereits im Mai dieses Jahres gefordert. Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft gehen davon aus, dass derzeit noch etwa 100 Milliarden Euro versteckt liegen, die noch nicht der Verjährung zum Opfer gefallen sind. Wenn Sie konsequent wären, könnten Sie zugreifen. Aber Sie tun es nicht.

(Dr. Daniel Volk (FDP): Wie denn?)

Zweitens. Die Selbstanzeige soll künftig nicht mehr möglich sein, sobald der Brief mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung im Unternehmen eingeht. Auch das ist halbherzig. Warum folgen Sie nicht wenigstens hier der Empfehlung des Bundesrates, der bereits die Absendung des Briefes als Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorsieht?

Drittens. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht keinerlei Strafgebühr auch das wäre möglich, Herr Volk auf den zu entrichtenden Steuerbetrag vor. In der öffentlichen Debatte sind 5 Prozent im Gespräch. Es bleibt dabei: 6 Prozent Zinsen ab Fälligkeit. Damit zahlen das ist grob ungerecht die Unehrlichen genauso viel wie die Ehrlichen. Das kann doch nicht sein. Hier muss unbedingt etwas geändert werden.

Der Staatssekretär nährt vor Weihnachten ein bisschen die Hoffnung, dass sich die CDU/CSU bewegt. Von der FDP haben wir leider eben das Gegenteil vernehmen müssen. Trotzdem hoffe ich an dieser Stelle werden Sie unsere Unterstützung haben , dass wir zu einer jeweils angemessenen Gebühr kommen.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): „Gebühr“ klingt schon anders!)

Wir sagen Ihnen ganz deutlich: Mit Ihrer halbherzigen Herangehensweise wird sich an dem Problem nichts ändern. Ohne den Druck auf die Steuersünder durch vermehrte Prüfungen können Sie sich das Ganze sparen. Dann haben wir nur einen zahmen Papiertiger.

Sie verfolgen einen völlig falschen Denkansatz, wenn Sie sagen ich zitiere aus der Antwort der Bundesregierung auf unsere Anfrage vom 8. April dieses Jahres zur strafbefreienden Selbstanzeige :

Eine Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige nimmt den Finanzbehörden daher im Ergebnis Ermittlungsmöglichkeiten und verringert das Steueraufkommen … .

Genau hier liegt aber der Hase im Pfeffer. Denn die Finanzbehörden haben nicht genug Betriebsprüfer und Steuerfahnder. Es gibt auch keinen automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der verschiedenen Länder.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende.

Dr. Barbara Höll (DIE LINKE):

Wenn Sie etwas ändern wollen, dann müssen Sie dafür Sorge tragen, dass die Finanzbehörden viel besser ausgestattet werden und Betriebsprüfungen stattfinden. Sie müssen sich auch endlich auf internationaler Ebene für den automatischen Informationsaustausch einsetzen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)