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Große Koalition beschließt Rekordhaushalt für Aufrüstung

Rede von Christine Buchholz,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nirgendwo zeigen sich die Unterschiede zwischen den Fraktionen so deutlich wie beim Rüstungshaushalt.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Der heißt Verteidigungshaushalt! Das ist schon der Unterschied!)

CDU/CSU und SPD wollen heute den größten Rüstungshaushalt seit dem Zweiten Weltkrieg verabschieden. Das sind mehr als 37 Milliarden Euro, ein Plus von 8 Prozent. Die Linke sagt: Darauf kann man nicht stolz sein; dafür sollte man sich schämen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke hat demgegenüber unmittelbar umsetzbare Vorschläge zur Kürzung des Rüstungshaushalts um 6 Milliarden Euro vorgestellt. Sie wollen zusätzliche Milliarden für Aufrüstung und Krieg. Wir wollen zusätzliche Milliarden für Soziales und zivile Hilfe. Das ist der fundamentale Unterschied zwischen der Großen Koalition und der Linken.

(Beifall bei der LINKEN – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Sie reden vom falschen Haushalt! Der heißt Verteidigungshaushalt!)

Was heißt das konkret? Sie investieren in Hightechwaffen wie die Entwicklung einer europäischen Kampfdrohne. Die Bundeswehr erhält auch eine ganze Cyberstreitmacht mit der explizit geäußerten Absicht, offensiv die Netze anderer Staaten angreifen zu können. Das macht die Welt nicht sicherer – und auch nicht Deutschland. Stattdessen heizen Sie den internationalen Rüstungswettlauf an. Da machen wir nicht mit.

(Beifall bei der LINKEN)

Über die zukünftigen Kosten dieser ganzen Kriegsprojekte schweigt sich die Bundesregierung aus. Aber der Mechanismus dahinter ist interessant. Ministerin von der Leyen meldete Anfang des Jahres 1 600 militärische Neuinvestitionen bis 2030 an; dafür forderte sie 130 Milliarden Euro. Ein halbes Jahr später schlagen im Alleingang zwei einzelne Abgeordnete der SPD und der Union mit besonders gutem Draht zur Rüstungsindustrie den Bau von fünf Korvetten vor. Kein Problem, Ministerin von der Leyen und die gesamte Bundesregierung nehmen auch die gleich mit auf die Liste der Beschaffungsvorhaben. So versenken Sie im Handumdrehen immer neue Riesensummen für Ihre Rüstungsvorhaben. Die Bevölkerung bezahlt das mit ihren Steuern, die Rüstungsindustrie reibt sich die Hände. Das ist das Programm der Koalition. Dagegen steht die Linke ganz eindeutig.

(Beifall bei der LINKEN – Henning Otte [CDU/CSU]: Aber ganz alleine! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Aber mit Sachlichkeit hat das wenig zu tun, was Sie machen!)

Um diesen Aufrüstungskurs zu rechtfertigen, begründet Frau von der Leyen das nun mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Nun soll die EU als Militärmacht gestärkt werden. Erst diese Woche wurde auf Druck der Bundesregierung ein zusätzliches europäisches militärisches Forschungsprogramm für eine halbe Milliarde Euro jährlich beschlossen. Auch von einem militärischen EU-Hauptquartier ist die Rede. Es kann nicht sein, dass Sie, Frau von der Leyen, Deutschland zu einem der Antreiber der Militarisierung Europas machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber die SPD legt dann gleich noch einen drauf: Herr Arnold von der SPD fordert nun auch ein europäisches Marinehauptquartier.

(Zuruf von der SPD: Das ist eine gute Idee! – Zuruf von der LINKEN: Karlsruhe!)

Übersetzt heißt das: Als Rahmennation soll Deutschland nun dauerhaft die Führung im militärischen Konflikt mit Russland übernehmen. Ich sage Ihnen: Auf der Ostsee tummeln sich schon genug Kriegsschiffe. Wer den Frieden mit Russland will, muss sich für eine Entmilitarisierung der Ostsee einsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

In ihrer Rede hat Angela Merkel heute Morgen betont, dass beide Parteien der Großen Koalition am 2-Prozent-Ziel der NATO festhalten. Frau Evers-Meyer hat das eben noch einmal bestätigt. Das würde eine weitere Steigerung des Militärhaushalts um 25 Milliarden Euro auf weit über 60 Milliarden Euro bedeuten. Ich sage Ihnen: Das kann doch nicht wirklich Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Für uns ist das ein weiteres Argument für den Austritt aus der NATO. Was wir wirklich brauchen, ist eine Trendwende hin zu zivilen und sozialen Maßnahmen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich will Ihnen das einmal vorrechnen. Das Statistische Bundesamt hat ausgerechnet, dass in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen 110 000 Pflegekräfte fehlen. Wenn jährlich 6 Milliarden Euro bei der Rüstung gestrichen oder umgeschichtet werden, wie die Linke es vorschlägt, dann könnten tarifliche Gehälter für diese zusätzlich benötigten Pflegekräfte bezahlt werden. Ich finde, dafür brauchen wir das Geld, nicht für neue Militärsatelliten, Kriegsschiffe oder Kampfdrohnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesregierung will aufrüsten, um die Bundeswehr in immer neue Auslandseinsätze schicken zu können. Jetzt sind es 16 an der Zahl. Das kostet. Es gibt aber noch ein weiteres Problem: Diese Auslandseinsätze entfalten ihre eigene eskalierende Dynamik. Das Beispiel Afghanistan zeigt auf tragische Art und Weise in den letzten Wochen, wohin diese Auslandseinsätze führen. Die Taliban sind so stark wie seit 2001 nicht mehr. Letzte Woche hat es der blutige Überfall auf das deutsche Konsulat in Masar-i-Scharif gezeigt. Immer wieder gibt es Nachrichten über zivile Opfer durch die Verbündeten Deutschlands in Afghanistan.

Die Bundeswehr wird auch zunehmend in sogenannte Zwischenfälle verstrickt. Nichts, meine Damen und Herren, was die Bundesregierung vor 15 Jahren versprochen hat, wurde durch diesen Bundeswehreinsatz eingelöst. Dafür brauchen wir auch nicht noch mehr Geld auszugeben.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt sich dieser Realität zu stellen, hat das Verteidigungsministerium unter dem Titel Die Rekruten eine Dokusoap produzieren lassen, um junge Menschen für die Bundeswehr zu gewinnen. Bei 1,7 Millionen Euro liegen die Produktionskosten. Weitere 6,2 Millionen Euro kostet die Werbung. Ich sage Ihnen: Statt jährlich insgesamt 35 Millionen Euro in Werbefilme und Plakatkampagnen zu stecken, sollten Sie den jungen Menschen reinen Wein einschenken. Krieg ist keine Seifenoper. Es ist Zeit, die deutschen Soldaten aus Afghanistan und aus allen anderen Auslandseinsätzen zurückzuziehen. Es ist Zeit, endlich abzurüsten.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)