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Gregor Gysi: Eine Friedenslösung für Berg-Karabach geht nur mit Russland als Partner

Rede von Gregor Gysi,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor vier Wochen haben wir schon einmal im Plenum über den Krieg um Bergkarabach gesprochen. Immerhin gibt es jetzt einen Waffenstillstand, das heißt keine weiteren Toten, keine weiteren Verletzten, keine weiteren Zerstörungen, was an sich zu begrüßen ist.

Aber Aserbaidschan hatte massiv aufgerüstet und unterstützt von der Türkei militärische Fakten geschaffen. Der völkerrechtswidrige Zustand um Bergkarabach durch Armenien wurde von Aserbaidschan und der Türkei wiederum auf völkerrechtswidrige Art und Weise mit einem Krieg, der Tausende Opfer gekostet hat, nahezu beendet. Es hat sich wieder mal das Recht des Stärkeren statt eines Interessenausgleichs und der Diplomatie durchgesetzt.

Gewiss kann man Armenien vorwerfen, dass es eine politische Lösung des Konflikts verzögert hat, um den Status quo zu erhalten. Aber zu den Waffen griff Aserbaidschan; Material und Söldner dafür lieferte die Türkei. Die Bundesregierung hat dabei zugeschaut und die Türkei, einen NATO-Verbündeten, gewähren lassen. Außenminister Maas hat auf eine neutrale Haltung gesetzt, wo eine klare Ansage nötig gewesen wäre.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Markus Herbrand [FDP])

Die Bundesregierung muss auch gegenüber Verbündeten klare Kante zeigen, um endlich für ein wirksames Völkerrecht zu streiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Problem ist, dass das Völkerrecht von viel zu vielen missachtet wird.

Aber am schlimmsten ist – das wollte ich noch sagen –, dass in den türkischen Kampfdrohnen, die Aserbaidschan auch gegen die Zivilbevölkerung einsetzte, Bauteile verwendet wurden, die von deutschen Firmen hergestellt werden. Deutsche Rüstungsexporte werden damit erneut grundsätzlich infrage gestellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Immerhin spricht aus dem Antrag der Koalition nun ein schlechtes Gewissen, wenn auch Ihre Kritik an der Türkei immer noch eher zurückhaltend formuliert wird.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sehr zurückhaltend!)

Dass Sie Russland und die Türkei hier auf eine Stufe stellen, ist irreal und zeigt den Grad Ihrer Voreingenommenheit.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Im Auswärtigen Ausschuss hat ein Staatssekretär aus dem Auswärtigen Amt die Türkei viel klarer verurteilt und Russland für die Vermittlung zum Waffenstillstand sogar gewürdigt. Schon wegen dieses Widerspruchs können wir Ihrem Antrag mit Sicherheit nicht zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Russland hat mit dem Aushandeln einer Vereinbarung zwischen Armenien und Aserbaidschan etwas geschafft, zu dem sich weder die OSZE noch die EU oder gar die NATO in der Lage sahen. Dass es überhaupt noch Raum und nun fünf Jahre Zeit für Überlegungen zu einer langfristigen Friedenslösung um Bergkarabach gibt, verdanken wir auch Russland.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Russland hat viel zu lange gewartet!)

Sie wollen doch auch die langfristige und tragfähige Friedenslösung für Bergkarabach; sehr richtig. Das geht aber nur mit Russland als Partner und nicht als Gegner oder Konfliktpartei.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Anton Friesen [AfD])

Und natürlich ist es höchste Zeit, dass sich Deutschland und die EU nicht mehr von der Türkei vorführen lassen. Waffenlieferungen an die Türkei müssen komplett gestoppt werden, und keine neuen Lieferungen dürfen mehr genehmigt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die sechs U-Boote sind völlig daneben, kann ich sagen.

Wer friedliche Lösungen will, muss den Kriegswilligen die Waffen verwehren. Anders geht es nicht.

(Beifall bei der LINKEN)