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Gleichstellung von lesbischen und schwulen Paaren im öffentlichen Dienstrecht

Rede von Barbara Höll,

Rede von Barbara Höll zur Gleichstellung im öffentlichen Dienstrecht.

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,


im Koalitionsvertrag verpflichtete sich die Regierungskoalition dazu "gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abzubauen und insbesondere die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten umzusetzen". Diese Verpflichtung geschah nicht aus freien Stücken, sie war eine Folge der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 7. Juli 2009 zur Ungleichbehandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe. Das Gericht bezog sich dabei auf den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes in Artikel 3 Absatz 1 und machte deutlich, dass eine Ungleichbehandlung der Lebenspartnerschaft nicht durch den grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie legitimiert ist. Darüber hinaus müsse „ein hinreichend gewichtiger Differenzierungsgrund“ vorliegen, um Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe schlechter zu stellen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
dieser Grund liegt im öffentlichen Dienstrecht ganz offensichtlich nicht vor.
Sie haben für den jetzt vorliegenden Gesetzentwurf über ein Jahr benötigt. Jetzt soll erst das Bundesbesoldungsgesetz, das Bundesbeamtengesetz und das Bundesversorgungsgesetz so geändert, so dass Lebenspartnerschaften gleichgestellt werden. Dies begrüße ich ausdrücklich. Doch der Gesetzentwurf ist halbherzig. Sie stellen lediglich rückwirkend zum 1.Januar 2009 gleich. Das Bundesverfassungsgerichts hat in seiner Entscheidung zur Gleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften zur Ehe bei der „Erbschafts- und Schenkungssteuer“ eine rückwirkende Gleichstellung seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2001 angemahnt.
Dies sollte auch für den heutigen Gesetzentwurf gelten.
Es gibt nicht ein bisschen Gleichbehandlung. Wir sollten konsequent sein und rückwirkend seit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes gleichstellen. DIE LINKE wird einem dementsprechenden Änderungsantrag in den Bundestag einbringen.
Die Rot-Rote Berliner Landesregierung hat im Jahr 2008 die Diskriminierung von Lesben und Schwulen im Beamtenrecht des Landes vollständig beendet. Und sie war konsequent. Rot-Rot hat wenigstens rückwirkend zum Jahr 2003 gleichgestellt. Das Land Berlin bezog sich mit dem Datum der Rückwirkung auf eine EU-Richtlinie in der Deutschland in diesem Jahr bindend zur Gleichstellung aufgefordert wurde. Berlin hat damit bereits vor den Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts einen deutlichen Schritt zur Gleichstellung vorangekommen, so dass Lesben und Schwule gleichgestellt sind. Berlin war Vorreiter. Später folgten die Bundesländer Bremen, Hamburg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Hessen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt und sogar Bayern, doch zumeist mit einer geringeren Rückwirkung und auch mit einigen Einschränkungen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
2001 war Deutschland mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz eines der fortschrittlichsten europäischen Länder im Bezug auf die Gleichstellung von Lesben und Schwulen. Heute sind wir es nicht mehr. Mittlerweile haben viele EU-Staaten die Gleichstellung konsequenter vollzogen.
Wir müssen jetzt noch die Gleichstellung im Einkommenssteuerrecht und das gemeinsame Adoptionsrecht für lesbische und schwule Paare angehen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Gleichstellung von Lesben und Schwulen läßt sich gesellschaftlich nicht mehr aufhalten.
Doch DIE LINKE möchte sie politisch konsequent vorantreiben. Deshalb fordert DIE LINKE, statt der umständlichen Gleichstellung der Rechtsinstitute Ehe und Lebenspartnerschaft, die Ehe vollständig für Lesben und Schwule zu öffnen. Wir benötigen kein gesondertes Rechtsinstitut für Lesben und Schwulen.

Schweden, Norwegen, Spanien, Island und Portugal haben diesen Weg beschritten.
Die Ehe für alle Menschen zu öffnen ist ein wirklich konsequenter Schritt.

Ich danke Ihnen