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Gesine Lötzsch: Streichen Sie die Altschulden der armen Kommunen!

Rede von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Linke unterstützt alle Schritte, die die Kommunen unterstützen, und darum werden wir auch der Grundgesetzänderung zustimmen. Nicht nur die Grünen und die FDP, auch Die Linke stimmt der Grundgesetzänderung zu, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber mit dieser Grundgesetzänderung sind natürlich nicht alle Probleme gelöst. Häufig fiel vor einigen Monaten der Satz: Vor dem Virus sind wir alle gleich. – Dieser Satz war von Anfang an falsch. Die Pandemie hat arme Menschen ärmer gemacht, und in allen großen Programmen, die hier beschlossen wurden, sind die Interessen und Bedürfnisse dieser Menschen nicht richtig berücksichtigt worden. Wir wollen, dass arme Menschen wirksam unterstützt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Pandemie ist auch die Kluft zwischen armen und reichen Kommunen größer geworden. Katja Wolf, Oberbürgermeisterin von Eisenach, berichtete in der Anhörung im Haushaltsausschuss, wie hart Eisenach von der Coronakrise getroffen ist. Der Ausgleich für den Ausfall der Gewerbesteuern sei zwar schön; doch die Oberbürgermeisterin wies darauf hin, dass die Stadt auch Ausfälle bei Gebühren, bei der Einkommens-, Übernachtungs- und Sondernutzungsteuer hat. Das macht in Eisenach die Hälfte aller Mindereinnahmen aus. Dafür gibt es keine Kompensation, und Eisenach ist kein Einzelfall.

(Otto Fricke [FDP]: Das liegt aber am Ministerpräsidenten!)

Ich will vielleicht einmal an den Steuereinnahmen verdeutlichen, wie groß die Unterschiede sind. Pro Einwohner erzielen die finanzstarken Städte fast zweieinhalbmal so hohe Steuereinnahmen wie die finanzschwachen. Die Differenz ist in den vergangenen Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Die kreisfreie Stadt Halle an der Saale hat pro Kopf Steuereinnahmen von 243 Euro – das war 2017 –, und Frankfurt am Main hat pro Kopf Gewerbesteuereinnahmen von 2 345 Euro. Das ist fast das Zehnfache. Ich finde, wir brauchen mehr Solidarität, um die Spaltung in unserem Land in reiche und arme Kommunen zu überwinden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fordere die Bundesregierung auf: Geben Sie den Kommunen ihre Handlungsfähigkeit zurück! Streichen Sie die Altschulden der armen Kommunen!

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Scholz, Sie haben vor einiger Zeit diesen sehr sinnvollen Vorschlag gemacht. Von dem ist nichts mehr zu hören. Wir haben von Anfang an gesagt: Wir als Linke unterstützen die Entschuldung der Kommunen. Ich finde, Sie sollten Ihren eigenen Vorschlag wieder aufgreifen, Herr Scholz.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gerade die armen Kommunen müssen in ihre Zukunft investieren. Wir brauchen einen Investitionsfonds, um die Investitionskrise in unserem Land endlich zu beenden.

Grundsätzlich muss man sagen: Nur in der Krise lässt sich Politik grundsätzlich ändern. Die Linke ist dazu bereit. Die Linke ist vorbereitet.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)