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Gesetzliche Rente, nicht Versicherungslobby stärken!

Rede von Harald Koch,

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ganz so groß ist die Einhelligkeit nun doch nicht. Ich muss leider ein bisschen Salz in die Suppe streuen.

Der Antrag von Union und FDP ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten. Die aktuelle Regierung sowie die Vorgängerregierungen bis zu Rot-Grün haben sich in der Rentenpolitik vor allem durch zwei Punkte ausgezeichnet: durch Rentenklau und Vergrößerung der Altersarmut.

Dämpfungsfaktoren und die Rente ab 67 sind ganz klare Rentenkürzungen. Die seit Jahrzehnten versprochene Angleichung des Rentenwertes Ost an den Rentenwert West ist bis heute nicht erfolgt. Die Inflation frisst zu zaghafte Rentenerhöhungen fast immer komplett auf, selbst die jetzige - wie Sie meinen - "übergroße" Rentenerhöhung.
Die Linke möchte dagegen eine Rente, die den Lebensstandard sichert und armutsfest ist.
(Beifall bei der LINKEN)

Das Leistungsniveau in der gesetzlichen Rente muss angehoben, der Solidarausgleich ausgeweitet und eine solidarische Mindestrente von 900 Euro im Monat garantiert werden.
Man muss auch über die Ausgangswerte reden: Für eine wirklich gute Rente sind gute Löhne und gute Arbeit entscheidende Stellschrauben. Daher fordern wir den Abbau prekärer Beschäftigung, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro sowie eine sanktionsfreie Mindestsicherung.
(Beifall bei der LINKEN)

Nun bringen Union und FDP einen Antrag ein, mit dem sie eine Schwächung der betrieblichen Altersvorsorge im Rahmen der Überarbeitung der EU-Pensionsfondsrichtlinie verhindern wollen.

Es geht darum, dass auf EU-Ebene diskutiert wird, Solvency-II-Vorschriften auf Einrichtungen der betrieblichen, kapitalgedeckten Altersvorsorge zu übertragen. Dies soll über eine Neufassung der Pensionsfondsrichtlinie geschehen. Solvency II führt unter anderem strengere Vorschriften zur Eigenkapitalausstattung von Versicherungsunternehmen ein.

Die Linke ist der Auffassung, dass eine unreflektierte Übertragung aller Solvency-II-Vorschriften auf die betriebliche Altersvorsorge bedenklich ist. Generell muss der Versicherungsmarkt strikt, aber umsichtig reguliert werden.

Bei übertriebenen Eigenkapitalanforderungen besteht die Gefahr, dass die Unternehmer auf Dauer ein immer geringeres Leistungsniveau durchdrücken, dass Betriebsrenten gekürzt werden müssen oder dass dies bei der Entgeltumwandlung zu höhen Beiträgen führt.
Hier gilt es, die Versicherten und ihre Betriebsrenten zu schützen.
(Beifall bei der LINKEN)

Der Antrag von Union und FDP ist aber allzu durchsichtig. Sie wollen der Versicherungslobby und Arbeitgeberverbänden willfährig Folge leisten, weil diese mehr Aufsicht wie der Teufel das Weihwasser fürchten.

Die Linke will nicht, dass betriebliche Altersvorsorge zu einer Art Regulierungsoase wird.
Die meisten Durchführungswege der betrieblichen Altersvorsorge in Deutschland setzen eher auf risikoarme Anlagen. In diesem Fall sollten die Eigenkapitalanforderungen ohnehin nicht total überfordernd wirken.
Durch eine zu niedrige Regelungsdichte flüchtet aber noch mehr Kapital zum Beispiel in Pensionsfonds. Diese sind durchaus Finanzmarktakteure und würden sich aufblähen. Immer mehr renditesuchendes Kapital käme so auf die Finanzmärkte, wo sich neue Spekulationsblasen bildeten.

Alle Sicherungsmechanismen wie Arbeitgeberhaftung und Pensionsicherungsfonds, die installiert wurden, werden über Einzelfälle hinaus nicht greifen.

Wenn Sie tatsächlich befürchten, dass die Eigenkapitalanforderungen fast alle Träger der betrieblichen Alterssicherung überfordern, scheint Ihre vielgerühmte betriebliche Altersvorsorge doch nicht auf so sicheren Füßen zu stehen.
Gerade wenn Ihre Befürchtungen zutreffen sollten, ist es Ihre Pflicht, eine lebensstandardsichernde Alterssicherung wieder komplett im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung über ein Umlageverfahren zu organisieren.
Diese ist und bleibt für die Linke die tragende Säule. Sie ist der beste Schutz für Versicherte!

Ich komme zum Schluss. Die betriebliche Altersvorsorge kann höchstens noch als Zuckerle obendrauf kommen. Als einzige Fraktion hier im Hause lehnten und lehnen wir die Privatisierung der Altersvorsorge ab. Ihr Rentendumping kommt Versicherungskonzernen und Großunternehmen zugute.

Beenden Sie deshalb Ihre Rentenpolitik, die den meisten Menschen Angst vorm Alter macht!

Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN – Katharina Landgraf (CDU/CSU): Sie machen Angst!)