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Gender im Haushaltsgesetz: Regierung äußert sich hinterwäldlerisch

Rede von Gesine Lötzsch,

Rede zum

Antrag der Grünen-Fraktion

Gender im Haushaltsgesetz-
Bundesregierung äußert sich hinterwäldlerisch

Die LINKE unterstützt den Antrag der Grünen.
Ich möchte auch gleich einen Verbesserungsvorschlag einbringen, damit der Antrag noch etwas konkreter und anschaulicher wird.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass gute Beispiele anderer Länder einbezogen werden sollen.
Da sollten wir nicht den gleichen Umweg machen wie in der Bildungspolitik.
Sie erinnern sich, dass Heerscharen von Bildungspolitikern nach Finnland fuhren, um das dortige Schulsystem kennenzulernen.
Dabei hätte man sich bloß die POS, die Polytechnische Oberschule, aus DDR-Zeiten etwas unvoreingenommener anschauen müssen.
So hätte man Reisekosten gespart und wäre zu ähnlichen Ergebnis gekommen.
Bauer Korl, ein Mecklenburger Kabarettist, hat die Abkürzung POS als „Pisa ohne Schwierigkeiten“ übersetzt.
Da hat er den Nagel auf den Kopf getroffen!

Wenn Herr Steinbrück wissen will, wie ein geschlechtergerechter Haushalt funktioniert, muss er nur eine Fahrkarte nach Berlin-Lichtenberg lösen.
In meinem Wahlkreis können die Bürgerinnen und Bürger direkt über die Verwendung ihrer Steuergelder entscheiden.
Im Rahmen des Bürgerhaushaltes ist Gender Budgeting bereits integriert.
Was heißt das konkret?
Die Haushaltsanalyse hat z.B. ergeben, dass Mädchen und Frauen die Sportanlagen des Bezirkes unterdurchschnittlich nutzen.
Durch gezielte Investitionen und durch gezielte Vergabe von Sportstätten gibt es jetzt viel mehr aktive Sportlerinnen in Lichtenberg.
Das ist für mich geschlechtersensible Haushaltspolitik!

Mir ist klar, dass Herr Steinbrück die Erfahrungen der Lichtenberger Bürgermeisterin nicht 1:1 umsetzen kann, doch die Budget-Analysen zeigen, dass es eine Benachteiligung von Frauen bei der Verwendung von Steuergeldern gibt.
Der geschlechterblinde Haushalt verstärkt regelmäßig bestehende Ungleichheiten.
Das haben Politikerinnen und Politiker in über 40 Ländern erkannt, bloß die Bundesregierung hat sich auf diese Entwicklung noch nicht eingestellt.
Die Bundesregierung ist untätig, obwohl sich die EU-Finanzminister verpflichtet haben, bis 2015 Gender Budgeting in allen EU-Ländern umzusetzen.

Warum ist diese Koalition immer so schwerfällig und so unwillig, wenn es um mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung von Steuergeldern geht?

Auf eine kleine Anfrage der LINKEN zu dem Thema antwortete die Bundesregierung, dass das Haushaltsgesetz 2007 keine Gleichstellungsrelevanz habe.
Das ist doch borniert und hinterwäldlerisch!
Ich hoffe, dass die Frauen in der SPD- und in der CDU-Fraktion sich dem Thema Geschlechtergerechtigkeit im Bundeshaushalt annehmen.
Im Haushaltsausschuss ist von 15 Mitgliedern der CDU/CSU-Fraktion nur eine Frau in dem Ausschuss.
Die SPD hat immerhin 5 Frauen.
Es wird Zeit, dass mehr Frauen sich mit der Verteilung der Steuergelder beschäftigen.
Ich würde mich freuen, wenn die Ministerinnen dem Finanzminister vor machen, wie aus einem geschlechtsblinden Haushalt ein geschlechtergerechter Haushalt gebildet werden kann.
Die Unterstützung der LINKEN haben Sie!

Rede am 8.11. im Deutschen Bundestag zum Antrag der Grünen-Fraktion