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Geld für die Kultur muss besser genutzt werden

Rede von Sigrid Hupach,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gratuliere Ihnen, Frau Staatsministerin, dass Sie uns heute einen Kulturhaushalt für 2015 vorlegen, der ungekürzt blieb und sogar um 118 Millionen Euro erhöht wurde. Herzlichen Glückwunsch dazu!

(Beifall bei der LINKEN - Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann gratulieren Sie dem Haushaltsausschuss! Das hat Frau Grütters nicht gemacht!)

Das ist angesichts des Dogmas der schwarzen Null in diesem Hause nicht hoch genug einzuschätzen. Aber gerade deshalb frage ich: Wozu, wofür werden die unter schwierigen finanziellen Bedingungen gewonnenen Mittel ausgegeben? Ich stelle fest: nicht für die Digitalisierung des kulturellen Erbes. Hier haben wir zwar seit dem Sommer eine Digitale Agenda, konkrete Handlungsabsichten aber fehlen.

Besonders deutlich wird das beim Thema Filmerbe. Die Stiftung Deutsche Kinemathek veranschlagt hier den Bedarf für die nächsten zehn Jahre mit 100 Millionen Euro. Im Haushalt findet sich hierfür nur 1 Million Euro. Nur zum Vergleich: Frankreich, unser Nachbarland, hat für einen Zeitraum von sechs Jahren insgesamt 400 Millionen Euro eingestellt. Die Zeit aber drängt; denn das Filmmaterial zerfällt in rasantem Tempo. Ein runder Tisch mit den Ländern allein hilft hier nicht weiter. Die Digitalisierung des Filmerbes ist eine originäre Aufgabe des Bundes.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen fachgerecht ausgestattete Depots, einen Kriterienkatalog für die vorrangige Digitalisierung und Ideen zur Langzeitarchivierung.

Deutschland liegt hier inzwischen im europäischen Vergleich weit zurück. Da hilft auch das Vorzeigeprojekt Deutsche Digitale Bibliothek wenig, für dessen dringend notwendigen Ausbau sich im Haushalt keine adäquaten Mittel finden. Wir brauchen keine weiteren Ankündigungen. Was wir brauchen, ist eine nationale Digitalisierungsstrategie,

(Beifall bei der LINKEN)

untersetzt mit einem Sonderprogramm von 30 Millionen Euro. Die Linke fordert dies seit Jahren. Stattdessen geben Sie Jahr um Jahr Millionen für die Stiftung Flucht, Vertreibung und Versöhnung aus, der es bis heute nicht gelang, die lang geplante Dauerausstellung umzusetzen. Mit einem Stiftungsrat ohne Vertreter des Zentralrates der Juden in Deutschland, mit einem wissenschaftlichen Beirat ohne Vertreter der Sinti und Roma widerspricht diese Institution eindeutig ihrem Stiftungszweck.

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu kommt der aktuelle Ausstellungsskandal um Stiftungsdirektor Manfred Kittel, einen Mann, der die NS-Vergangenheit von Vertriebenen-Funktionären beschönigt und immer wieder von der Versöhnung der Deutschen als Aufgabe der Vertriebenenstiftung spricht. Mit diesem Direktor kann die Stiftung der wissenschaftlich fundierten Darstellung weltweiter Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht dienen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie lange wollen Sie diese Bundesstiftung gegenüber der Öffentlichkeit noch vertreten und finanzieren? 2,5 Millionen Euro kostet uns dies jährlich. Spätestens jetzt endet das Lob für den Kulturhaushalt; denn mit diesen Millionen ließe sich wahrlich Besseres für die Kultur in unserem Lande bewirken.

Ein Beispiel dafür ist die Filmförderung, die Sie immer weiter heruntersparen. Die massiven Kürzungen in diesem Bereich sind eine schwerwiegende Fehlentscheidung.

(Beifall bei der LINKEN)

Daran ändert auch nichts, dass der Deutsche Filmförderfonds durch den Deal mit Herrn Schäuble zumindest für diese Legislaturperiode gesichert zu sein scheint.

Der Deutsche Filmförderfonds hat sich in den vergangenen Jahren als eine höchst effektive Branchenförderung erwiesen. Gäbe es ihn nicht, würden viele Produktionen nicht in Deutschland, sondern im Ausland stattfinden. Das kann nicht der Wille der Koalition sein. Wille der Linken ist es definitiv nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn Abwanderung bedeutet auch Abbau von regionalen Arbeitsplätzen und weniger Arbeitsmöglichkeiten für deutsche Schauspielerinnen und Schauspieler, Szenenbildnerinnen und Szenenbildner, Künstlerinnen und Künstler oder Cutterinnen und Cutter. In der Filmbranche gibt es die Faustregel, dass 1 Million Euro Filmförderung Investitionen in Höhe von 4 bis 6 Millionen Euro nach sich zieht. Und: 1 Million Euro Filmförderung bringt laut einem aktuellen Gutachten 1,8 Millionen Euro an Steuereinnahmen. Deshalb fordert die Linke nicht nur eine Verstetigung, sondern auch eine Aufstockung um 20 Millionen wieder auf 70 Millionen Euro, wie es 2013 der Fall war.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf das heute schon vielfach angesprochene Freihandelsabkommen TTIP eingehen. Die Linke beobachtet die Verhandlungen nach wie vor mit großer Sorge, da sie auch den kulturellen Bereich betreffen. Wie sicher, Frau Grütters, können Sie sich denn sein, dass eine Generalklausel in der Präambel des Mandatstextes eine Schutzfunktion für die Kultur hat? Wie bindend kann eine Generalklausel für alle Kapitel des Abkommens sein? - Wir fordern nach wie vor einen Stopp dieser Verhandlungen und eine konsequente Herausnahme von Kultur und Medien aus dem Verhandlungsmandat.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)