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Gegen den Ausbau des Truppenübungsplatzes in der Colbitz-Letzlinger Heide

Rede von Harald Koch,

Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Am 02. November wurde – von der Öffentlichkeit und der Presse fast unbemerkt – mit dem ersten Spatenstich der Grundstein für den Ausbau des Truppenübungsplatzes Altmark in der Colbitz-Letzlinger Heide zum größten europäischen Gefechtsübungszentrum gelegt. Hier soll nun im Laufe der nächsten 12 Jahre eine komplette Geisterstadt mit Infrastruktur zur Simulation von Kampf- und Kriegseinsätzen für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und anderer europäischer Streitkräfte entstehen. Die Gesamtkosten für den Ausbau sollen sich auf rund 100 Millionen Euro belaufen.
Ich halte das gesamte Projekt für grundlegend falsch und möchte auch gern begründen warum:

Der Ausbau bedeutet eine enorme finanzielle Belastung der kommunalen Haushalte, die sich gerade das Bundesland Sachsen-Anhalt nicht leisten kann. Hier werden aller Orts Schwimmhallen, Schulen und Freizeiteinrichtungen geschlossen, weil für deren Finanzierung und Erhalt kein Geld da ist. Hier können Straßen nicht saniert werden, weil die Haushalte nicht ausgeglichen werden können. Da scheitert es schon an kleinsten Summen. Und sie wollen jetzt 100 Millionen zum Krieg spielen ausgeben? Das kann man doch keinem vernünftigen Menschen erklären. Das ist doch vollkommen inakzeptabel! Und das erst recht, wenn man bedenkt, dass der Bau und Erhalt des Truppenübungsplatzes in den letzten Jahren schon weit über 600 Millionen Euro verschlungen hat und es ja auch zukünftig nicht bei den reinen Baukosten bleiben wird.

Darüber hinaus ist die Bestimmung des Truppenübungsplatzes eine vollkommen falsche. Hier sollen Häuserkämpfe und Kampfeinsätze in urbanen Zentren unter der Anwesenheit von Zivilistinnen und Zivilisten geübt werden. Soll das wirklich die zukünftige Ausrichtung der Bundeswehr sein? Noch vor einiger Zeit gab es überfraktionelle Unterstützung dafür, diese Art der Kriegsführung zu ächten. Und nun? Nun ist diese Art der Kriegsführung offenbar breiter Konsens für die Bundeswehr. Und über die Folgen, die das sowohl für die Zivilistinnen und Zivilisten als auch für die Soldatinnen und Soldaten haben wird, scheint keiner nachzudenken. Ich kann es nicht nachvollziehen, zumal damit auch dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren Tür und Tor geöffnet wird. DIE LINKE lehnt dies strikt und entschieden ab und fordert die Bundesregierung auf, diese Entscheidung noch einmal gründlich zu überdenken!

Auch unter umweltpolitischen Aspekten ist das gesamte Projekt eine einzige Katastrophe. Die Colbitz-Letzlinger Heide ist die größte nicht landwirtschaftlich genutzte Landfläche Mitteleuropas. Hier gibt es seltene Biotope und zahlreiche vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten, welche durch den Bau der Geisterstadt „Schnöggersburg“ massiv bedroht wären. Das kann man doch auch nicht einfach ignorieren, nur um stur die eigenen Interessen zu verfolgen!
Hinzu kommt noch, dass der Großteil der Anwohnerinnen und Anwohner keineswegs mit dem Ausbau einverstanden ist. Es gab und gibt zahlreiche öffentliche Proteste, unter anderen auch von Bürgerinitiativen, welche sich für eine ausschließliche zivile Nutzung der Heide einsetzen. DIE LINKE unterstützt dies.

Anstatt an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger vorbei dieses sowohl friedenspolitisch als auch haushalterisch und umweltpolitisch unsinnige und äußerst bedenkliche Projekt um jeden Preis voran zu treiben, sollte die Bundesregierung lieber darauf setzen, den Ausbau des Gefechtsübungszentrums sofort zu stoppen und unverzüglich ein Konzept für die zukünftige zivile Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide vorzulegen. Dabei müsste natürlich die vollständige Beseitigung von sämtlichen Munitions- und Kampfmitteln auf diesem Gebiet an zentraler Stelle stehen und es muss sicher gestellt werden, dass die kommunale Gestaltungshoheit gewahrt bleibt und die Bürgerinnen und Bürger an den Entscheidungen zur Zukunft der Colbitz-Letzlinger Heide direkt beteiligt werden.

Ich kann daher abschließend nur noch einmal an den Verstand aller Entscheidungsträger appellieren: Stoppen sie dieses Projekt! Und zwar unverzüglich!

Vielen Dank!