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Für sichere Produkte und Verbraucherinformation

Rede von Karin Binder,

Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,

wir behandeln heute die Neuordnung des Geräte- und Produktsicherheitsrechts, die durch verschiedene Neuerungen auf EU-Ebene, unter anderem durch die sog. Spielzeugrichtlinie, notwendig wird.


Warum ich mit diesem Gesetz nicht zufrieden bin, werde ich Ihnen jetzt erläutern. Allerdings möchte ich zumindest anmerken, dass die Regierungskoalition und auch die SPD mit ihren Änderungsanträgen einige sinnvolle Vorschläge des Bundesrates aufgegriffen haben. Aber das reicht leider nicht aus.


Wir haben noch immer das Problem, dass mit dem sog. CE-Zeichen den VerbraucherInnen eine vermeintliche Sicherheit vorgegaukelt wird, die jedoch nicht besteht. Tausendfach kommen Produkte mit diesem CE-Zeichen und mit all ihren möglichen Mängeln auf einen internationalen Markt. Sie wurden nie auf ihre Sicherheit geprüft. Insbesondere Kinder werden somit vermeidbaren Gefahren ausgesetzt.
Das belegt das EU-Informationssystem RAPEX, wo Spielzeuge, als zweithäufigste Produktgruppe entsprechende Warnmeldungen verursachen. Die Zahl der Meldungen wird nur noch von Textilien übertroffen.


Beides sind Produkte des täglichen Bedarfs. Jeder Mensch geht damit täglich um und kommt damit in Berührung – z.B. mit Schadstoffen, die zumindest unsere Gesundheit gefährden können. Kinder können Kleinteile verschlucken oder sich an scharfen Kanten verletzten.


Jedes Auto muss zugelassen werden. Und selbstverständlich muss es regelmäßig vom TÜV kontrolliert werden, um seine Plakette zu bekommen. Aber Gegenstände des täglichen Bedarfs, die wir an unsere Haut lassen - unser wichtigstes und größtes Organ -, die wir in den Mund nehmen oder einfach täglich gebrauchen, müssen nicht einmal vor ihrer Fertigung auf ihre unbedenkliche Tauglichkeit hin überprüft werden. Ist das logisch?
Sie verweisen mich jetzt auf das GS-Zeichen, das Siegel für geprüfte Sicherheit. Aber auch das liefert leider nicht immer die Qualität, die wir erwarten könnten. Und sein größter Nachteil – es ist eine freiwillige Prüfung. Die Hersteller müssen sich dem Procedere einer Sicherheitsprüfung nicht unterziehen.


Solange nicht alle Hersteller solche Sicherheitsprüfungen vornehmen lassen müssen, solange wird die Politik und werden die Kontrollbehörden immer hinterher hecheln. Und wir werden auch immer nur die Spitze des Eisberges aus dem Verkehr ziehen können.
Daran ändert auch die jetzt im Gesetz vorgesehene erhöhte Kontrollfrequenz für die Bundesländer nichts. Zum einen haben heute schon einige Länder für ihre Behörden eine größere Zahl von Kontrollen vorgegeben. Und zum anderen nützt allein die quantitative Vorgabe nichts, wenn nicht gleichzeitig auch eine qualitative Vorgabe gemacht wird. Um möglichst einheitliche Standards für die Länder zu schaffen, braucht es eine klare Definition, nicht nur über die Anzahl der Kontrollen, sondern auch über das „Wie“ der Überprüfungen.


Auch die Bußgelder sind nicht zufriedenstellend geregelt. Der Hinweis der Regierung, dass ja auch der wirtschaftliche Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, nach §17 (4) OWiG abgeschöpft werden soll und das Höchstmaß der Geldbuße hierfür überschritten werden kann, ist nicht wirklich strafverschärfend. Wir alle wissen, wie schwierig das Thema „Gewinnabschöpfung“ ist, und dass sich die Behörden sich sehr schwer damit tun, dem Unternehmen den unrechtmäßig erworbenen Gewinn nachzuweisen.


Also ist die einzige Möglichkeit zur Abschreckung eine weit höhere Geldbuße, die selbstverständlich den Verbraucherorganisationen zu Gute kommen muss.


Nun komme ich noch auf ein weiteres Problem für die VerbraucherInnen zu sprechen. Es gibt eine Vielzahl von Stellen, an denen Informationen eingehen und durchaus auch veröffentlicht werden. Allerdings haben wir damit die typische Informationsflut, die verhindert, dass VerbraucherInnen sich die gewünschten Informationen ohne Probleme einholen können. Zur viel beschworenen Klarheit und Wahrheit gehört, dass diese Informationen gebündelt auf einer Plattform zur Verfügung gestellt werden. Die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) halte ich jedoch nicht für zielführend, dort sucht niemand nach Verbraucherinformationen. Am besten sollten diese Informationen gesammelt auf einer Seite des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zur Verfügung gestellt werden.


Zuletzt möchte ich noch einmal auf die Verantwortung der Bundesregierung und der Bundesbehörden aufmerksam machen. In der Rangliste der Herkunftsländer von beanstandeten Produkten sind nach China die „unbekannten“ Herkunftsländer besonders auffällig. Rund 10 % der bei RAPEX gemeldeten Produkte können nicht rückverfolgt werden, da sie nicht einmal eine Herkunftskennzeichnung haben, geschweige denn die Beschaffenheit der Produkte klar ist. Hier ist der Zoll gefordert – und die Politik. Die einführenden Unternehmen tragen hierfür die Verantwortung und müssen auch in die Haftung genommen werden können.


Die Sicherheitsinteressen der VerbraucherInnen, vor allem der Kleinsten, müssen gewahrt werden. Die LINKE fordert deshalb, dass kein Produkt ohne entsprechende Prüfung und Zertifikat auf den Markt gebracht werden darf.


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.