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Für europäische soziale Rechte und ein Mindestmaß an europäischer Solidarität

Rede von Jutta Krellmann,

Sehr geehrte Präsidentin, Sehr geehrte Damen und Herren,
der Vorschlag für einen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut betroffenen Personen zeigt wie dramatisch die sozialen Verhältnisse in der Europäischen Union sind.
Es gibt massenhaft Probleme bei der Versorgung der Menschen mit den notwendigsten Gütern: Nahrung, Wohnung, Kleidung und Ausstattung von Kindern.
Es ist ungeheuerlich, dass die Bundesregierung diesem Hilfsfond seine Zustimmung verweigert!
Nach Ausführungen der EU Kommission haben 8,7% der europäischen Bevölkerung 2010 keinen Zugang zu ausreichenden Mengen von Nahrungsmitteln. Besorgniserregend ist, dass die Anzahl der betroffenen Personen seit 2009 durch die Krise wieder ansteigt.
Knapp 6% der Kinder in der EU können sich keine neue Kleidung leisten; 4,5% der Kinder besitzen nicht einmal zwei Paar Schuhe in der richtigen Größe - dies entspricht etwa 6 Mio. Kindern.
Es ist ein Armutszeugnis für die nationalen Sozialstaaten, dass die Europäische Union überhaupt eingreifen muss. Derartige Defizite dürften in einem Sozialstaat nicht vorkommen.
Für DIE LINKE liegt der Fehler im System: Die zunehmend kapitalistisch organisierten Verteilung der gesellschaftlich produzierten Güter und Dienste verschärft die Armut in Europa. In der aktuellen sozialen Entwicklung haben sich Armut und soziale Ausgrenzung jedoch nicht verbessert, sondern im Gegenteil verschärft. Die neoliberalen Kürzungsprogramme für die südeuropäischen Staaten hinterlassen massenhafte Armut.
Im Lichte dieser Krise ist der vorgeschlagene Fonds leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Er erhält 2,5 Mrd. Euro für den Zeitraum 2014 bis 2020.
Jetzt den Hilfsfonds auch noch abzulehnen, bedeutete die offene Verweigerung von europäischer Solidarität zu Lasten der schwächsten Menschen in den ärmsten Ländern der EU.
Im Rahmen der Europa 2020 Strategie hat sich die Europäische Union zum Ziel gesetzt die Anzahl der Personen, die in Armut leben oder von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, um mindestens 20 Mio. Personen zu senken. Die Bundesregierung hatte sich diesem Ziel angeschlossen. Aber Papier ist ja bekanntlich geduldig.
Für DIE LINKE geht der Hilfsfonds nicht weit genug: Er ist nicht darauf angelegt soziale Rechte von Einzelnen zu garantieren. Hier geht es um die Verteilung von Hilfen, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht; es handelt sich hier um die eigentlich überwundene Form der Mildtätigkeit. Insofern ist der Vorschlag als ein Beitrag zur "Vertafelung" der Sozialpolitik. Das kritisieren wir!
Gleichwohl macht die Dramatik der sozialen Lage - die Daten sind genannt - politisches Handeln notwendig. Der vorgeschlagene Hilfsfonds ist das Mindestmaß an europäischer Solidarität, das geleistet werden sollte. Es kann nicht sein, dass Sie als Abgeordnete in ihren Wahlkreisen die Tafeln begrüßen und etwas ähnliches den Menschen in Europa verweigern.
Für DIE LINKE muss ein demokratisches und soziales Europa auf sozialen Rechten basieren und diese müssen einklagbar sind.
Insofern befürwortet die LINKE, bei aller Kritik an dem Instrument, den vorgeschlagenen Hilfsfonds und fordert die Bundesregierung zu einem entsprechenden Handeln auf europäischer Ebene auf. Die Einlegung eines Subsidiaritätsvorbehalts unterstützt DIE LINKE nicht.