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Für eine Entflechtung privater Monopole

Rede von Ulla Lötzer,

Eon vermeldet eine Steigerung des Konzerngewinns für 2007 um 27 Prozent auf 7,7 Milliarden Euro. RWE steigert sein Betriebsergebnis um 15 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro, obwohl der Konzern 2007 eine halbe Million Kunden verloren hat. Diese Gewinne haben wir alle bezahlt, mit unserer monatlichen Strom- und Gasrechnung. Der Energiemarkt ist ein Paradebeispiel für vermachtete Strukturen und den Missbrauch von Marktmacht. Die Folge sind überteuerte Preise und eine Energieversorgung, die auf große umweltschädliche Kohle- und Atomkraftwerke setzt.

Die Diskussion um diesen Missbrauch hat zu dem hessischen Gesetzentwurf geführt, den Sie, von der FDP nun hier parallel in den Bundestag einbringen. Ja, es ist ein eindeutiges Defizit der deutschen Gesetzgebung, dass sie keine Entflechtung kennt. Der vorliegende Gesetzentwurf bietet eine Diskussionsgrundlage, krankt aber noch an folgenden Stellen: Sie sagen, Marktmacht und Missbrauch reichten nicht für Entflechtungsregeln aus. Sie sind der Auffassung, es sei nur in Erwägung zu ziehen, wenn der Wettbewerb durch ein Übermaß an Martkmacht beschränkt wird und mit herkömmlichen Mitteln nicht nachhaltig beseitigt werden könne. Das halten wir für eine zu hohe Hürde. Das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung muss selbst Grund genug sein, ein Entflechtungsverfahren einleiten zu können. Es muss dann Sache des Unternehmens sein nachzuweisen, dass kein Missbrauch vorliegt.

Ein Aspekt fehlt ihnen völlig: Während Sie und das Kartellrecht im Wesentlichen nur auf den Wettbewerb abzielen, haben wir einen umfassenden demokratiepolitischen Zugang zu dem Thema. Ziel einer Entflechtungsregelung muss auch sein, wirtschaftliche Macht zu verhindern. Wirtschaftliche Macht ist auch politische Macht und gefährdet demokratische Entscheidungsprozesse. Wir alle erleben doch ständig die Einflussnahme einiger weniger transnationaler Konzerne bis hin zur Erpressung der Politik. Neben der von uns bereits viel diskutierten Macht der Energiekonzerne gilt das insbesondere auch für die Medien, weil es dort um Macht über Meinungsbildung und politische Willensbildung geht.

Der Ministerdispens geht ebenfalls in die falsche Richtung. Wir haben beim Eon/Ruhrgas Verfahren exemplarisch gesehen, wie die Ministererlaubnis missbraucht wird. Die Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Politik, gerade auch im Energiesektor, sind einfach zu groß. Die Ministererlaubnis muss abgeschafft werden. Insofern geht auch ihre Forderung nach Eingriffsmöglichkeiten des Wirtschaftsministeriums gegenüber Entflechtung, wenn es um Global Player auf internationalen Märkten und die Auswirkungen auf ihre Stellung geht, in die völlig falsche Richtung. Stattdessen sind hier auch auf europäischer und internationaler Ebene Schritte gegen die Macht der Global Player notwendig.

Dabei ist es wichtig - und das fehlt bei Ihnen völlig - das Kartellrecht vom reinen Wettbewerbsrecht auf den Verbraucherschutz auszuweiten. Die Folgen des Missbrauchs der Marktmacht tragen ja nicht nur die Konkurrenten am Markt, sondern meist auch die Verbraucherinnen und Verbraucher. Deren Rechte müssen gestärkt werden. Beim Eingreifen des Bundeskartellamtes wegen der Einpreisung der CO2-Zertifikate haben nur andere Unternehmen eine Entschädigung erhalten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher, die die Preise letztlich bezahlt haben, sind leer ausgegangen.

Deshalb, Kolleginnen und Kollegen der FDP: Den Ansatz teilen wir, über die Ausführungen müssen wir noch streiten, wenn Entflechtung zu mehr Demokratie in der Wirtschaft führen soll.