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Friedrich Straetmanns: Das Lobbyregister der Regierung gleicht einem Schweizer Käse

Rede von Friedrich Straetmanns,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach Jahren des Hinhaltens legt die Koalition nun doch noch einen Vorschlag – oder vielleicht mehrere – zum Lobbyregister vor, der einem Schweizer Käse gleicht. Dass Ihr plötzlicher Aktionismus mit dem Fall Amthor zu tun hat, der sein Mandat für Luxusreisen, Direktorenposten und Aktienoptionen missbraucht hat, liegt auf der Hand. Aber wenn man sich diesen Skandal um Amthor vergegenwärtigt, sieht man deutlich, dass gerade der vorgelegte Entwurf nicht mal als Feigenblatt taugt. Denn gerade in der Bewertung Ihres CDU-Jungstars würde sich mit Ihrem Gesetzentwurf nichts ändern. Juristisch wäre das Handeln von Amthor, Guttenberg, Hirte und Co weiterhin einwandfrei. Die Bevölkerung reibt sich aber weiterhin verwundert die Augen über ein solch dreistes Vorgehen und erst recht darüber, dass das legal sein soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Das scheint Sie überhaupt nicht zu interessieren. Ich kann in der Kürze nicht alle Lücken – sie wurden auch angesprochen – aufzählen, die Ihr Gesetzentwurf hat. Ganz besonders erschreckend ist, dass Sie allen Ernstes nur Lobbyismus gegenüber Bundestagsabgeordneten regulieren wollten, nicht aber gegenüber der Regierung.

(Zuruf von der FDP: Leider wahr!)

Meine Damen und Herren, 90 Prozent der Gesetzentwürfe stammen nicht aus der Mitte des Parlaments, sondern aus der Feder der Regierung. Warum bitte schön soll es sinnvoll sein, dass wir für die 10 Prozent eine stärkere Kontrolle einführen, nicht aber für die 90 Prozent? Einige Redner haben angekündigt, einen Änderungsantrag einzubringen.

Wir wollen nur noch mal vergegenwärtigen: Sinnbildlich für den Lobbyismus steht das Verkehrsministerium, das der Autolobby seit Jahrzehnten exklusiven Zugang gewährt. Hier hoffe ich sehr, dass Sie die angekündigten Änderungsanträge einbringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wie man überhaupt darauf kommt, die Regierung auszunehmen, ist doch absolut schleierhaft und der eigentliche Skandal.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Thomas Seitz [AfD])

Was wir brauchen, ist zudem ein legislativer Fußabdruck, der klar erkennbar macht, wer an der Erstellung eines Gesetzes beteiligt war. Das fordern nicht nur wir als Linke; auch das Europäische Parlament hat dies gemacht. Mir ist bewusst, liebe Abgeordnete der Union, dass Ihre Parteikollegen im EU-Parlament gegen diese Transparenz gestimmt haben. Doch ich glaube, auch Sie wollen nicht ernsthaft unterstellen, dass die EU mit ihrem legislativen Fußabdruck im Begriff ist, unterzugehen. Zumindest an dieser Stelle funktioniert sie wunderbar, was mit Blick auf die menschliche Katastrophe auf den griechischen Inseln nicht zu behaupten ist. Aber die Parteien mit „C“ im Namen interessieren sich nicht erst seit Kurzem mehr für Kapitalinteressen als für christliche Werte.

Zuletzt frage ich mich noch, was Sie denn kryptisch mit der Befreiung von der Eintragungspflicht in das Lobbyregister meinen, wenn bei dem Handelnden ausschließlich lokaler Charakter vorliegt. Sollen damit tatsächlich jene Unternehmen von Kontrolle freigestellt werden, deren Firmensitz nur in einem oder zwei Wahlkreisen angesiedelt ist? Was bedeutet das für Firmen, die in keinem Wahlkreis sitzen, sondern zum Beispiel in der Steueroase Delaware wie Augustus Intelligence? Das müssen Sie uns im Ausschuss wirklich erklären.

In Vorbereitung empfehle ich Ihnen zur Leseübung noch einmal unseren Gesetzentwurf zum Lobbyregister,

(Michael Frieser [CDU/CSU]: Nein! Nicht noch mal!)

der geeignet ist, den Lobbyismus transparent zu machen und einzudämmen. Ich wünsche Ihnen für die Lesezeit ein schönes Wochenende.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)