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Friedenspakt

Rede von Gesine Lötzsch,

"Wir sind dagegen, dass deutsche Soldaten in Kriegseinsätze ins Ausland gehen"

Friedenspakt (Rede zum Verteidigungshaushalt)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im Laufe der Debatte gesehen: Die Koalition ist sichtlich begeistert ich erinnere nur an die Rede des Vorsitzenden der Unionsfraktion , dass Deutschland im nächsten Jahr wahrscheinlich den Stabilitätspakt einhalten wird. Die Nettoneuverschuldung wird unter den Investitionen liegen. Da Sie Stabilitätspakte so gut finden, schlage ich Ihnen einen weiteren Pakt vor. Ich möchte Ihnen folgendes Angebot unterbreiten: Wie Sie wissen, wird die Bundesregierung im nächsten Jahr 28 Milliarden Euro für die Verteidigung ausgeben. Für zivile Investitionen sollen in der gleichen Zeit allerdings nur 24 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Ich denke, es wäre sinnvoll, einen Pakt zu schließen, der festlegt, dass in Friedenszeiten die Ausgaben für das Militär die zivilen Investitionen nicht übersteigen dürfen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das wäre nicht nur ein Stabilitätspakt, sondern auch ein Friedenspakt. Wir, die Linke, haben ausreichend Kürzungsvorschläge eingebracht, sodass der Bundestag schon im Jahr 2007 diesen Friedenspakt einhalten könnte.
(Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Abschaffung der Bundeswehr!)
An dieser Stelle will ich mich mit einer Behauptung auseinander setzen, die von mehreren Kollegen im Laufe der Debatte aufgestellt wurde. Uns, die wir vorschlagen, die Mittel für die Bundeswehr zu kürzen, wird vorgeworfen, wir gefährdeten die Sicherheit deutscher Soldaten im Ausland. Diese Denunziation als Argument kann man das nicht bezeichnen will ich mit aller Schärfe zurückweisen. Der entscheidende Punkt ist das ist bekannt : Wir sind dagegen, dass deutsche Soldaten in Kriegseinsätze ins Ausland gehen.
(Beifall bei der LINKEN)
Wenn aber eine Mehrheit dieses Hauses deutsche Soldaten ins Ausland schickt, dann sind wir der Auffassung, dass alles für ihre Sicherheit getan werden muss. Wir unterstützen jeden, der der Meinung ist, dass bei den Haushaltspositionen, die dazu dienen, die persönliche Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten zu stärken, nicht gekürzt werden darf. Gerade wir haben immer wieder kritisch angemerkt, dass Soldatinnen und Soldaten keine angemessene Ausrüstung und Kleidung haben. Ich erinnere nur daran, dass sie sich Ferngläser bei Tchibo kaufen mussten. So viel zur Wahrheitsfindung und zur Realität.
(Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Das ist tausendfach widerlegter Unfug!)
Lieber Kollege Rossmanith, bitte regen Sie sich nicht auf! Das schadet Ihrer Gesundheit.
(Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Ich bin ganz ruhig!)
Ich will Ihnen darlegen, wo wir Einsparmöglichkeiten im Verteidigungshaushalt, Einzelplan 14, sehen. Die Kollegin Hoff von der FDP ist darauf dankenswerterweise schon eingegangen. Es gibt eine Reihe großer Beschaffungsprojekte der Bundeswehr, die gar nichts mit der von der Regierung beschriebenen Bedrohungssituation zu tun haben. Die Mittel für diese Projekte kann man guten Gewissens einsparen. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Die Geschichte des Lenkflugkörpers PARS 3 begann im Jahre 1982, also vor einem Vierteljahrhundert. Um es einmal zu illustrieren: Das jüngste Mitglied des Bundestages, die Kollegin Lührmann von den Grünen, war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht geboren. Damals gab es noch die Sowjetunion und den Warschauer Pakt, die über reichlich Panzer verfügten. Diese Rakete war nur auf die Bekämpfung von Panzern spezialisiert. Die Entwicklungspartner hören Sie gut zu, meine Damen und Herren! Großbritannien und Frankreich sind in den Jahren 1998 und 1999 aus diesem veralteten Projekt ausgestiegen. Richtig so. Sie hatten nämlich zehn Jahre nach dem Mauerfall erkannt, dass es für solche Raketen keinen Bedarf mehr gibt. Übrigens ist sehr bemerkenswert, dass die Engländer und die Franzosen aussteigen konnten. Immer wenn wir als Linke den Ausstieg aus Beschaffungsprojekten wie zum Beispiel beim Eurofighter fordern, dann werden internationale Verträge angeführt, die den Ausstieg für uns angeblich unmöglich machen. Ich frage Sie, Herr Minister: Warum können die anderen aussteigen und wir nicht?
(Beifall bei der LINKEN)
Hängt das vielleicht damit zusammen, dass die Bundesregierung in den Verträgen Austrittsklauseln ausschließt oder so teuer macht, damit der Bundestag in seiner Souveränität eingeschränkt wird? Ich finde, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, dieser Frage sollten wir gemeinsam genauer nachgehen.
Zurück zu PARS 3. Ich will auch für die Zuschauer illustrieren, welche enormen Summen ausgegeben werden. Die Gesamtkosten für die Entwicklung und den Bau dieser Rakete betragen rund 490 Millionen Euro. Nach bisherigen Plänen soll die Auslieferung der Rakete im Jahr 2010 beginnen und 2014 abgeschlossen sein. Ein einziger Schuss einer derartigen Rakete würde den Steuerzahler 1,3 Millionen Euro kosten. Stellen Sie sich einmal vor, wie viele Kindergärten oder Schulen Sie in Ihrer Kommune sanieren könnten, wenn Sie den Gegenwert von zwei oder drei Schüssen zur Verfügung hätten. Übrigens darum verstehe ich auch die Erregung des Kollegen Rossmanith von vorhin sehr gut; die war nämlich schon proaktiv ist der Hauptauftragnehmer ein süddeutsches Unternehmen, das den Firmen EADS und Diehl gehört. Das heißt, alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler finanzieren museumsreife Technologien,
(Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Wir sind dem ganzen deutschen Volk verpflichtet, Frau Kollegin!)
die weder die Sicherheit unseres Landes noch die Sicherheit unserer Museen erhöhen. Das kann man wirklich keinem Steuerzahler erklären.
(Beifall bei der LINKEN)
Hier werden die Rüstungslobbyisten auf Kosten der Steuerzahler reichlich bedient. Ich schlage vor, dass diese Art der Subventionierung der süddeutschen Länder abgeschafft wird
(Kurt J. Rossmanith (CDU/CSU): Das ist wirklich zu primitiv, um das zu kommentieren!)
oder, wenn wir dafür keine Mehrheit bekommen sollten, dass wenigstens diese üppige Quersubventionierung für diese Bundesländer in den Länderfinanzausgleich einbezogen wird. Dann würde sich so manches im Verhältnis der Länder etwas anders darstellen.
(Beifall bei der LINKEN)
Noch eine kleine pikante Ergänzung: Der Hauptauftragnehmer der PARS-3-Raketen wurde für einen Preisnachlass von 1,25 Prozent von allen Mängelansprüchen freigestellt. Herr Jung, würden Sie zu Hause auf ein solches Angebot Ihres Klempners eingehen, Preisnachlass von 1,25 Prozent und dafür keine Garantieansprüche?
(Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dem Jung trauen wir das zu!)
Ich glaube, da bekämen Sie sicher heftigen Ärger mit Ihrer häuslichen Generalität.
Wir als Linke fordern in unserem Entschließungsantrag Einsparungen im Verteidigungshaushalt von 2 Milliarden Euro. Das sind nicht einmal 10 Prozent dieses Haushaltes. Das können wir gerade so und die Bundeswehr sehr gut verkraften. Wir sind für friedliche Konfliktlösungen und wir denken, die Mittel des Verteidigungshaushaltes sollten im Laufe der Jahre alle in Entwicklungshilfe und Maßnahmen zur zivilen Konfliktbereinigung umgelenkt werden.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)