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Frauendiskriminierung ist tief im Kapitalismus verankert

Rede von Yvonne Ploetz,

Plenarrede anläßlich verschiedener Anträge der Fraktionen zum Thema "Gleichbereichtigung zwischen Männern und Frauen im Lebenslauf durch setzen"

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

Auf den ersten Blick sieht es für Frauen gar nicht so schlecht aus. Statistiken erzählen von einer wunderbaren Job-Vermehrung. Seit Jahren steigt die Zahl von Frauen in Lohn und Brot.

Doch sieht man etwas genauer hin, bekommt man schnell große Augen:

Denn es ist einfach so: Mehr Frauen teilen sich die Erwerbsstunden. Nicht die Normalbeschäftigung ist gestiegen. Im Gegenteil, sie ist gesunken. Dafür explodiert die Zahl der Frauen in Teilzeit, Befristung und Niedriglohn. Diese Zahl hat sich nach 1991 annähernd verdoppelt.

Nur ein Beispiel:

In Pflegeberufen – die zu 80 Prozent von Frauen geleistet werden – werden immer mehr Leiharbeiterinnen eingesetzt. Um 400 Prozent ist die Anzahl gestiegen in den letzten sechs Jahren. Diese Frauen verdienen weniger, haben kaum arbeitsrechtlichen Schutz und leisten Schwerstarbeit.

Sie nennen das Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Wir nennen es Ausbeutung!

Und das Mindeste was ich nun von Ihnen als Regierende verlange, ist ein sofortiges Verbot der Leiharbeit in so sensiblen Bereichen wie der Kindererziehung und Pflege!

Übrigens ist die Branche mit den meisten Frauen im Niedriglohn der Einzelhandel. Sicherlich haben Sie mitbekommen, dass die Arbeitgeber des Einzelhandels alle Tarifverträge gekündigt haben und jetzt fast 3 Millionen Frauen um einen neuen Tarifvertrag, um Weihnachtsgeld, freie Wochenenden und Nachtzuschläge kämpfen.

Der Handelsverband nennt die Aufkündigung der Tarifverträge „Modernisierung“. Wir wissen, dass es letzten Endes um Lohndrückerei geht und nennen das eine Kampfansage an die Beschäftigten. Wir als LINKE stehen fest an der Seite der Frauen und finden, das Mindeste was Sie als Regierung jetzt tun sollten, ist die Einführung eines Mindestlohnes von 10 Euro.

Und wo Tarifverträge gelten, fällt auch die Entgeltlücke geringer aus. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch im Jahr 2013 verdienen Frauen immer noch rund ein Viertel weniger als ihre männlichen Kollegen.

Eine Großhandelskauffrau erhält circa 564 Euro weniger Monatsgehalt als ihr männlicher Kollege. In Laufe eines Arbeitslebens kommen wir auf eine stattliche Summe von knapp 271 000 Euro.

Sie reden von Eigenverantwortung, zu wenig Selbstvertrauen bei Lohnverhandlungen. Wir nennen das Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Und fordern nicht weniger, als dass sie per Gleichstellungsgesetz, Verbandsklagerecht und Lohntransparenz endlich für gleichen Lohn für gleiche Arbeit sorgen!

Ich erzähle sicherlich kein Geheimnis, wenn ich darauf hinweise, dass geringe Löhne zwangsläufig geringe Renten zur Folge haben.

Im Alter müssen Frauen oft jeden Cent umdrehen.
Mittlerweile haben zwei von drei Frauen eine Rente unterhalb der Grundsicherung, also Hartz IV im Alter. 83,5 Prozent der Frauen haben eine Altersrente von unter 850 Euro, davon wiederum ein Viertel von unter 250 Euro. Die Durchschnittsrente einer Frau ist halb so hoch wie die eines Mannes. Das gilt im Westen wie im Osten. Auch im Osten sinken die Renten von Jahr zu Jahr.

Nun komme ich aus dem Saarland und ich will Ihnen nicht vorenthalten, wie es den Seniorinnen dort ergeht.

Die Rente der Männer liegt bei 1139 Euro, die der Frauen bei 415! Die EU-Armutsrisikogrenze liegt übrigens mit knapp 1000 Euro übrigens weit darüber.

Für die Frauen gilt: Die meisten bleiben abhängig von ihrem Mann oder vom Staat.

Sie nennen das „keine besonders unzureichende soziale Absicherung von Frauen im Alter“. Wir nennen es menschenunwürdig und Armutsrenten und bleiben bei unserer Forderung nach einer Mindestrente, die jede und jeden vor Armut im Alter schützt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Internationale Frauentag rückt näher. Wir reden über Entgelt und Quote, wir reden über ausgebeutete Frauen im Pflege- und Erziehungsbereich. Wir reden über zu wenig KITAs und über Existenzangst im Alter.

Aber eigentlich reden wir darüber, dass der Kapitalismus angewiesen ist auf eine ungeheure Menge unbezahlter Arbeit Zuhause und auf die Ausbeutung der Frauen in sogenannten typischen Frauenberufen, die sich weniger mit Erdölgewinnung, Luftfahrt oder Fahrzeugbau, sondern viel mehr mit Menschen beschäftigen. Berufe, die sich nicht beliebig beschleunigen lassen, um Profite zu erhöhen.

Sie nennen das alles Normalzustand. Wir nennen das Ausbeutung, Diskriminierung und Kapitalismus.

Lassen Sie mich mit einem beeindruckenden Zitat von Robert Biel enden:

„Es ist eindeutig, dass der Kapitalismus zur Überausbeutung der Frauen geführt hat. Das wäre wenig tröstlich, wenn es nur vermehrtes Elend und vermehrte Unterdrückung bedeutet hätte, doch glücklicherweise hat es auch zu Widerstand geführt, um vielleicht so sogar zum Keim einer neuen Gesellschaftsordnung zu werden.“

Vielen Dank!