Zum Hauptinhalt springen

Finanztransaktionsteuer: Nicht verstecken, sondern eigene Aktivität entwickeln

Rede von Axel Troost,

Rede in der Aktuellen Stunde „Finanztransaktionsteuer“

Dr. Axel Troost (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen es natürlich außerordentlich, dass die SPD eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema beantragt hat, weil auch wir es für sehr wichtig halten.

(Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Rot und Rot wachsen zusammen!)

Ich persönlich habe diese Steuer vor zehn Jahren im Zusammenhang mit der Arbeitsgruppe „Alternative Wirtschaftspolitik“ im Memorandum 2000 schon gefordert. Damals haben wir das noch Kapitalverkehrsteuer oder -steuern genannt. Es ging auch schon damals darum, die abgeschaffte Börsenumsatzsteuer, ergänzt um außerbörsliche Aktivitäten, mit der Devisentransaktionsteuer, also der Tobin-Steuer, zu verbinden zu einer einheitlichen Gesamtkapitalverkehr- oder heute Finanztransaktionsteuer.

(Frank Schäffler (FDP): Da würde sich der Tobin im Grabe umdrehen!)

Ziel und Zweck dieser Steuer war damals wie heute erstens - das ist erwähnt worden -, Finanztransaktionen, wie man das so schön sagt, zu entschleunigen, also minimal zu verteuern - darauf komme ich gleich noch einmal -, um letztlich ganz kurzfristige Spekulationen etwas unattraktiver zu machen und damit Entschleunigung zu bewirken.

Zweitens geht es aber auch darum, ganz erhebliche Einnahmen zu erzielen; das ist hier noch gar nicht erwähnt worden. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung in Wien hat im Sommer letzten Jahres eine Studie vorgelegt, in der die Folgen der Einführung dieser Steuer simuliert wurden. Man kam zu dem Ergebnis, dass bei einem Steuersatz von 0,01 Prozent pro Transaktion in der Bundesrepublik Deutschland Einnahmen in Höhe von 13 bis 15 Milliarden Euro alleine aus Wertpapiergeschäften und europaweit Einnahmen von weiteren 20 Milliarden Euro aus Devisentransaktionsgeschäften entstehen. Es geht also um sehr viel Geld, das wir auch verwenden könnten, um die Kosten, die die Finanzmarktkrise verursacht hat, zumindest zum Teil zu kompensieren.

Weil es letztlich um den Steuersatz geht, wenn man versucht, diese Steuer national oder europaweit relativ schnell einzuführen, möchte ich, weil gleich mit Sicherheit das Argument der privaten Sparer angeführt wird, darauf hinweisen, was ein Steuersatz von 0,01 Prozent bedeutet. Ein Steuersatz von 0,01 Prozent heißt: Wenn ein Privatanleger ein Depot mit Aktien oder festverzinslichen Wertpapieren im Wert von 100 000 Euro anlegt, muss er einmalig 10 Euro bezahlen. Die Bankgebühren für dieses Depot betragen allerdings zwischen 1 000 und 2 000 Euro. Das möchte ich einmal deutlich machen.
Die Einführung dieser Steuer hätte Einnahmen von insgesamt 13 Milliarden Euro zur Folge, und das, obwohl bereits simuliert wurde, dass es zu einem Rückgang der Zahl der Transaktionen kommen würde. Insofern glaube ich, dass sehr viel für die Einführung dieser Steuer spricht und dass man dieses Thema jetzt entschieden angehen sollte.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD))

Ich bin in dieser Debatte leider sehr früh an der Reihe, sodass ich später nicht mehr reagieren kann. Wahrscheinlich wird im weiteren Verlauf der Diskussion neben dem Argument der Sparerinnen und Sparer auch argumentiert: Eine solche Steuer kann man nur weltweit einführen,

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Ja!)

eventuell in einem Schlag europaweit, am besten aber weltweit. - Das heißt letztlich, dass man sich hinter der Welt versteckt und keine eigenen Aktivitäten entwickelt. Das Mindeste, was uns gelingen muss, ist, dass wir ähnlich wie das belgische und das französische Parlament einen Vorratsbeschluss fällen, der lautet: Wenn diese Steuer europaweit eingeführt werden sollte, dann ist Deutschland dabei. Belgien und Frankreich haben dies beschlossen. Ein solcher Beschluss würde Mut machen, in den internationalen Gremien, in der EU für eine Umsetzung zu kämpfen. Ich sage noch einmal: Dies ist die einzige Möglichkeit, die Finanzmärkte und ihre Akteure wieder vernünftig in die Finanzierung der öffentlichen Haushalte einzubeziehen und gleichzeitig zu verhindern, dass das Geschäft mit spekulativen Wertpapieren so weiterläuft wie bisher. Ich bitte Sie, diesen Ansatz zu prüfen.

Im nächsten Monat, im Januar 2010, wird die Linke einen entsprechenden Antrag einbringen, der seinen parlamentarischen Gang nehmen wird. Ich hoffe, dann wird in der Debatte deutlich, dass sich eine große Mehrheit dieses Hauses, vielleicht mit Ausnahme der FDP, die Einführung einer solchen Steuer vorstellen kann.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES
90/DIE GRÜNEN)