Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Auch bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden in den vergangenen Monaten etliche Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern eingegangen sein, die Sorge um ihr mühsam Erspartes haben. Das klang hier ja auch schon bei Herrn Dr. Sieling durch. Viele haben in der Finanzkrise durch hochriskante, intransparente Finanzprodukte, die ihnen als sicher und renditeträchtig verkauft wurden, eine Menge Geld verloren.
Auch die Verschuldung durch verantwortungslose Kreditvergaben ist ein großes Problem. Von mehr als 6 Millionen überschuldeten Menschen sind gut 85 Prozent nicht selbst für ihre Lage verantwortlich.
(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Na, na!)
Meine Damen und Herren von der Regierung, Sie dürfen nicht länger zulassen, dass Tausende Menschen ihre Rücklagen für das Alter, für die Pflege oder für Notfälle verlieren
(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Wo verlieren die das denn, Herr Kollege?)
bzw. finanziell gar keine Zukunft mehr sehen.
Viel zu spät wurde in Deutschland, aber ebenso weltweit bemerkt, dass eine Regulierung der Finanz- und Kreditmärkte auch aus Verbraucher- und Anlegersicht dringend geboten ist. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es wäre schön, wenn nicht immer so lange gewartet würde, bis das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Die SPD spricht im Titel ihres Antrags aus meiner Sicht etwas großspurig von einem „Gesamtkonzept“.
(Zuruf von der SPD: Warten Sie ab!)
Doch über die Kreditvergabe als wichtigste Finanzdienstleistung und die damit verbundenen Probleme verliert der Antrag kein Wort. Die Linke fordert beispielsweise eine Stärkung der Schuldnerberatungsstellen.
(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Die SPD hätte, wenn sie es ernst meinte, ihre Forderungen bereits im letzten Jahr umsetzen können, weil sie meist von Linken und Grünen übernommen worden sind. Stattdessen verfolgte die SPD während ihrer Regierungsbeteiligung andere Interessen. Mit dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz, kurz „ZAG“ genannt, hat sie für eine Verbreitung von Wildwestmethoden im Bereich der Kreditkartenkredite beigetragen.
(Beifall bei der LINKEN)
Trotz dieser großen Lücke enthält der SPD-Antrag, das möchte ich nach den kritischen Anmerkungen betonen, viele unterstützenswerte Forderungen, mit denen linke Positionen aufgegriffen werden.
Auch die Linke will die unabhängige Finanzberatung ausbauen und sagt Nein zum Provisions- und Profitstreben in der Finanz- und Versicherungsbranche!
Honorarberatung bedeutet nicht zwangsläufig mehr Qualität; doch ohne die Überwindung provisionsgetriebener Beratung und produktbezogener Verkaufsvorgaben gibt es keine wirklich unabhängige Beratung. Warum sorgen wir hier zum Beispiel nicht dafür, dass das Berufsbild eines zertifizierten Finanzberaters etabliert wird?
(Kerstin Tack (SPD): Das steht im Antrag! - Dr. Carsten Sieling (SPD): Ja, in unserem Antrag!)
Auch die gesetzlichen Regelungen zu Beratungsprotokollen weisen viele Lücken auf. Sie schützen eher die Berater vor Haftungsrisiken als die Beratenen vor Nachteilen. Produktinformationsblätter sollten einheitlich die Risikoklasse, den maximal möglichen Verlust sowie die tatsächlichen Gesamtkosten ausweisen.
Die Linke fordert für beides standardisierte und insbesondere verbindliche Verfahren.
Ein Finanz-TÜV muss ferner wichtiger Bestandteil der Finanzaufsicht sein. Finanzprodukte sind vor ihrer Zulassung auf Verbraucherfreundlichkeit, wirtschaftliche Nachhaltigkeit, Sozial- und Umweltverträglichkeit sowie Risikopotenzial zu prüfen und zu klassifizieren. Gefährliche und schlichtweg überflüssige Produkte, die nur der Spekulation im globalen Finanzkasino dienen, müssen endlich vom Markt genommen werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Der finanzielle Verbraucherschutz muss gesetzlich verbindlicher geregelt und gestärkt werden, erstens durch Regulierung und Entschleunigung der Finanzmärkte, unter anderem durch eine Finanztransaktionsteuer, sowie durch Maßnahmen für eine verantwortungsvolle Kreditvergabe, zweitens durch die Entschlackung der für die Privatanleger schier undurchschaubaren Masse an Finanzprodukten und drittens vor allem durch bessere Regulierung, Transparenz und Verständlichkeit der verbleibenden Produkte.
Danke schön.
(Beifall bei der LINKEN)