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Fabio De Masi: FDP - Steuerberater first, Investitionen second!

Rede von Fabio De Masi,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP plakatierte im Wahlkampf: „Digital first. Bedenken second.“ Sie fordern nun erweiterte Abschreibungen für digitale Investitionen. Die Linke befürwortet bessere Abschreibungsregeln für investierende Unternehmen. Mit Ihrem Antrag droht jedoch – das meine ich frei von Polemik –: Steuerberater first. Investitionen second.

(Beifall bei der LINKEN)

Richtig ist: Es gibt gute Gründe, Investitionen durch verbesserte Abschreibungsregeln anzureizen. Warum? Steuersenkungen für Forschung der Unternehmen führen genauso wie bei den berüchtigten Patentboxen häufig zu Missbrauch und haben laut OECD keine positiven Effekte.

Bei Abschreibungen ist die Idee jedoch: Unternehmen investieren heute, und morgen besteuert der Staat die Erträge. – Es wird also nicht auf Steuern verzichtet. Diese werden vielmehr gestundet, um Investitionen anzureizen und in Zukunft sogar höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Bessere Abschreibungsregeln sind daher insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen interessant, die im Unterschied zu Konzernen eine schlechtere Liquidität haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer A sagt, muss aber auch B sagen. Dies erfordert im Gegenzug, Wertzuwächse etwa von nicht betriebsnotwendigem Vermögen, das ja verkauft oder beliehen werden kann, realistischer zu besteuern. Das fehlt in Ihrem Antrag.

Die Linke hat Sympathie für degressive Abschreibungsregeln, eine Ausweitung der Schwelle für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern oder kürzere Abschreibungsfristen für Software.

Ihr Antrag auf eine digitale Sonder-AfA belohnt aber nicht generell investierende Unternehmen, und zwar analog und digital, sondern eine Armee von Steuerberatern und wird die Finanzverwaltung lahmlegen.

Sie fordern bessere Abschreibungsregeln für „digitale Innovationsgüter“ bzw. für „Wirtschaftsgüter, die der digitalen Transformation dienen“. Die Erfahrung lehrt: Wenn Sie ein Fremdwörterbuch für Steuertexte brauchen, lassen Sie es besser sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Abzugrenzen, was digitale Innovationsgüter sind und was nicht, macht Steuergesetze komplizierter. Ist es der 3-D-Drucker oder die Espressomaschine mit Sprachsteuerung?

Die Aufgabe des Deutschen Bundestages bei der digitalen Steuerpolitik ist jedoch weitaus größer.

Erstens. Deutschland hinkt bei digitalen Investitionen, sowohl bei den staatlichen als auch bei den privaten, hinterher.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Wir müssen sicherstellen, dass internationale Konzerne angemessen besteuert werden – auch, um Wettbewerbsverzerrungen gegenüber heimischen kleinen und mittelständischen Unternehmen zu vermeiden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Google oder Amazon haben keine Betriebsstätte gemäß OECD-Musterabkommen in Deutschland. Amazon sagt etwa: Wir versenden ja nur Pakete. – Eine Betriebsstätte ist für die Besteuerung der Gewinne in Deutschland aber maßgeblich.

Man kann nun für die digitalen Unternehmen in Deutschland wie SAP die Steuern senken. Dann fehlen uns aber die Mittel für die öffentliche digitale Infrastruktur. Oder man kann Wettbewerbsnachteile ausgleichen, indem wir uns Google, Amazon und Co zur Brust nehmen. Das will Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)

Etwa, indem wir den steuerlichen Abzug von Betriebsausgaben einer Autovermietung, die Werbung bei ­Google kauft, einschränken, wenn der Profiteur, also Google, in einer Steueroase sitzt. Das hat Kubicki mal selbst vorgeschlagen – Herr Kubicki; Verzeihung. So viel Zeit muss sein.

(Beifall des Abg. Wolfgang Kubicki [FDP])

Wir müssen Irland ja nicht noch subventionieren.

Oder, indem wir eine Quellensteuer auf Zahlungen zum Beispiel für Käufe über Amazon erheben. Einem Internetversand, der in Deutschland sitzt, würde diese Quellensteuer erstattet werden. Der Preis der Produkte würde sich also nicht ändern. Aber für Amazon und Co in den Steueroasen würde es teurer.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich fasse zusammen: Der FDP ist es gelungen, das Wort „digital“ möglichst oft in einen Antrag zu packen. Herzlichen Glückwunsch!

(Markus Herbrand [FDP]: Danke schön!)

Aber nicht überall, wo „digital“ draufsteht, sind mehr Investitionen drin – von Steuergerechtigkeit ganz zu schweigen. Eine Hamburger Band sang einmal: „Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit“. Ich fürchte, dass es beim Antrag der FDP umgekehrt ist. Wir hingegen werden uns bemühen, die eigentlichen Probleme zu lösen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)