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Extreme Ungleichheit gefährdet die Demokratie!

Rede von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zurzeit erleben wir drei globale Krisen gleichzeitig: erstens die Coronapandemie, zweitens die Klimakrise, und beide Krisen verschärfen die dritte Krise: die Verteilungskrise. Die muss endlich überwunden werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Vermögen konzentriert sich immer stärker in den Händen einiger weniger Milliardäre, die die Welt unter sich aufgeteilt haben. In der Bundesrepublik besitzen die reichsten 10 Prozent zwei Drittel des gesamten Vermögens. 45 Deutsche besitzen so viel wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Das ist zutiefst ungerecht und beschneidet Lebenschancen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr noch: Die extreme Ungleichheit ist eine große Gefahr für die Demokratie, für die gesellschaftliche Entwicklung, für den Fortschritt. Auch deshalb muss sie überwunden werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Lösung all dieser Krisen kostet viel Geld und Mut. Allein die zusätzlichen staatlichen Ausgaben für den Klimaschutz werden für den Zeitraum bis 2030 auf jährlich 46 Milliarden Euro geschätzt, sagt uns die Agora Energiewende. Ich sage Ihnen: Mit Schuldenbremse und Steuergeschenken an Reiche werden diese Krisen nicht zu lösen sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wissen doch alle – oder sollten es wissen –: Das Verfallsdatum der neoliberalen Ideen war spätestens mit der Finanzkrise 2008 erreicht. Das darf nicht vergessen werden.

Wir haben in den vergangenen Monaten die alte Regierung immer wieder gefragt: Wem sollen die Kosten der Krise aufgebürdet werden? – Wir haben keine Antwort erhalten. Auch diese Regierung hat die öffentliche Antwort auf diese Frage verweigert. Das nehmen wir nicht hin!

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sagen Ihnen ganz deutlich: Es darf nicht sein, dass die Krisenkosten wieder bei den Armen und den Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen abgeladen werden, wie das schon bei den Kosten der Finanzkrise war. Das ist nicht zu akzeptieren!

(Beifall bei der LINKEN)

Alle fragen sich, warum die FDP – der kleinste Koalitionspartner – die Koalitionsverhandlungen für sich entschieden hat. Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, Sie wissen doch, welchen immensen Schaden die veralteten neoliberalen Ideologien in den letzten 20 Jahren angerichtet haben.

Wir alle – natürlich auch die Grünen – wissen: Die Klimakrise kann mit Marktmechanismen nicht bewältigt werden. Dafür braucht es andere, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Resultat sehen wir schon jetzt an den Stromzählern. Was tun Sie denn gegen die Explosion der Energiepreise? Warum führen Sie nicht wieder Preiskontrollen ein? Wo ist das angekündigte Klimageld? Hier muss gehandelt werden!

(Beifall bei der LINKEN)

Jeder, der es sehen will, sieht das Marktversagen an allen Ecken und Enden. Medikamentenmangel ist Marktversagen.

(Otto Fricke [FDP]: Das ist doch gar nicht wahr!)

Hyperglobalisierung ist ein Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden. Die Pandemie hat uns allen gezeigt: Das Drahtseil kann reißen. Lieferketten zerbröseln. Und dann stehen wir ohne Medikamente und Schutzkleidung da.

Warum, frage ich Sie, haben wir kein Netz und keinen doppelten Boden? Ich kann die Frage beantworten: Weil es im Kapitalismus um hohe Profite und niedrige Kosten geht. Sicherheit ist nur ein unliebsamer Kostenfaktor. Das darf so nicht weitergehen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der LINKEN)

Eine verantwortungsvolle Regierung ist für die Sicherheit in einem Land zuständig. Soziale und gesundheitliche Sicherheit kostet nun einmal Geld. Denn Sicherheit wird nicht allein durch Polizei und Militär garantiert. Das ist altes Denken.

(Kay Gottschalk [AfD]: Sicherheit fängt an den Grenzen an, Frau Lötzsch!)

Meine Damen und Herren, viele führende Ökonomen fordern eine gerechte Verteilung von Vermögen in unserer Gesellschaft. Wir auch; denn es ist der richtige Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen das Geld, um in eine sichere Zukunft zu investieren.

Mit dem Nachtragshaushalt, Herr Lindner, haben Sie sich ein paar Buchungstricks ausgedacht. Aber das wird Ihnen auf lange Sicht nicht helfen. Sie müssen Farbe bekennen. Wer die Krisen bewältigen will, muss endlich eine mutige, gerechte Steuerreform durchsetzen. Wir als Linke fügen hinzu: Wir wollen eine einmalige Vermögensabgabe für Milliardäre und Multimillionäre. Das würde 0,7 Prozent der Bevölkerung in unserem Land betreffen. Das ist doch wirklich nicht zu viel verlangt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Abschließend: Herr Lindner, Sie haben Ihre Ministerkollegen aufgerufen, sparsamer zu sein. Ich beginne gleich mit dem Vorschlag: Verzichten wir auf ein neues Wettrüsten! Wenn wir 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Rüstung ausgeben, gefährden wir die Welt.

(Kay Gottschalk [AfD]: Unsere Bundeswehr funktioniert doch gar nicht! Das ist der beste Beitrag zur Abrüstung!)

Wir müssen auf friedliche Koexistenz setzen. Das ist Fortschritt, und dafür stehen wir.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN – Kay Gottschalk [AfD]: Meine Güte! Was für eine schlechte Rede!)