Zum Hauptinhalt springen

Europaweite Anerkennung der Berufsqualifikationen der Heilberufe

Rede von Birgit Wöllert,

Wir haben heute über ein Gesetz zu befinden, das eine EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzt, wobei dies, um Probleme zu vermeiden, bis 18. Januar 2016 zu geschehen hat. Für die Erarbeitung hatte die Bundesregierung allerdings seit Anfang 2014 Zeit. Warum es ohne Not und Verschulden von Dritten – salopp gesagt – jetzt „Auf den letzten Pfiff“ kommt, ist mir nicht nachvollziehbar. Vielleicht äußert sich ja die Bundesregierung oder die Koalition dazu.

Die EU-Richtlinie legt als Voraussetzung für die gegenseitige Anerkennung Mindest-anforderungen fest, die in nationale Regelungen zu überführen sind. Diese sind bei allen bundesrechtlich geregelten Heilberufen umzusetzen. Eine Vollharmonisierung ist allerdings nicht vorgeschrieben, so dass die einzelnen Länder die Anforderungen über-, aber nicht unterschreiten dürfen, wenn eine europaweite Anerkennung der Berufsqualifikation gewünscht wird. Die Gestaltungshoheit der Mitgliedstaaten in Ausbildungsfragen bleibt also trotz des Gesetzentwurfes erhalten.

Dies ist aus Sicht der Beschäftigten zu begrüßen. Auch bietet der vorgelegte Gesetzentwurf die Voraussetzung für eine europaweite Berufstätigkeit ohne aufwändige individuelle Anerkennungsverfahren. Denn die Ausbildungsgänge sind vor allem in den Heilberufen europaweit sehr unterschiedlich. Unabhängig davon, ob die einzelnen Länder einen akademischen Ausbildungsgang oder eine berufliche Ausbildung vorschreiben, kann so eine unkomplizierte gegenseitige Anerkennung erfolgen.

Gleiche Zugangschancen zu Bildung und Beschäftigung sowie die Freizügigkeit sind ein hohes Gut in einem sich entwickelnden Binnenmarkt. Künftig wird der Bedarf an qualifizierten Pflegefachkräften und Gesundheitsberufen weiter steigen. Deshalb sind Maßnahmen erforderlich, die sicherstellen, dass sich auch weiterhin junge Menschen für die professionelle Pflege begeistern oder sich für eine Ausbildung in den entsprechenden Heilberufen entscheiden.

Damit auch die bundesdeutsche Altenpflegeausbildung europaweit anerkannt werden kann, muss die Bundesregierung endlich das lang angekündigte und umstrittene Pflegeberufegesetz so auf den Weg bringen, dass es beschlossen werden kann. Zurzeit streiten nicht nur die Koalitionsfraktionen, sondern auch die beteiligten Ministerien. Das gleiche gilt bei der Säuglings- und Kinderkrankenpflegeausbildung.

Ein letzter kritischer Hinweis: Der Bundesverband der Apothekerverbände (ABDA) wendet sich gegen die strikte Übernahme der Formulierung aus der EU-Richtlinie in die Bundesapothekerordnung und das Apothekengesetz. Die ABDA weist darauf hin, dass damit der Aspekt des Tätigkeitsorts vernachlässigt wird und wichtige Tätigkeitsfelder in Forschung und Wissenschaft fehlen. Auch der Bundesrat unterstützt die Initiative der Apotheker, das Tätigkeitsfeld zu aktualisieren. Aus unserer Sicht ist es bedauerlich, dass diese Vorschläge jetzt nicht aufgegriffen wurden. Wir sind für eine möglichst schnelle bundesgesetzliche Regelung.

Meine Fraktion stimmt diesem Gesetzentwurf zu.