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Europaratsübereinkommen zum Menschenhandel endlich auch in Deutschland umsetzen

Rede von Andrej Hunko,

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

wir beraten heute über die Ratifizierung des Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahre 2005, eine Umsetzung, die die Linksfraktion schon mehrfach gefordert hatte. Sechs Jahre sind seitdem vergangen, 34 Staaten des Europarates haben das Abkommen mittlerweile ratifiziert und so gut es ist, dass die Ratifizierung jetzt auf der Tagesordnung steht, so bedauerlich ist es doch, dass Deutschland einmal mehr zu den Schlusslichtern bei der Umsetzung wichtiger Europaratsabkommen gehört.

Die Bekämpfung des Menschenhandels ist ein ernstes Anliegen. Nach Schätzungen des Europarates werden jährlich mehrere hunderttausend Menschen in andere Länder verkauft, etwa 80 % davon sind Frauen und Kinder, die dann oft zur Prostitution gezwungen werden. Menschenhandel ist nicht primär ein Problem der armen Länder, im Gegenteil, insbesondere wirtschaftlich starke Länder wie Deutschland sind betroffen, da sie Hauptprofiteure der sexuellen oder wirtschaftlichen Ausbeutung der Opfer von Menschenhandel sind.

Zu begrüßen ist, dass die Menschenrechte und der Opferschutz im Zentrum des Übereinkommens des Europarats stehen. Allerdings sind für eine konsequente Umsetzung dieses richtigen Grundansatzes noch weitere Schritte im nationalen Recht erforderlich, die über die Ratifizierung hinausgehen.

Entscheidend für den erfolgreichen Kampf gegen Menschenhandel ist die Stärkung der Position der Opfer. Um sie vor möglichen Repressionen hinreichend zu schützen, ist es erforderlich, ihnen einen Rechtsanspruch auf einen Aufenthaltstitel zuzugestehen, der nicht von ihrer Kooperationsbereitschaft mit den Strafverfolgungsbehörden abhängt, wie es auch vom Europäischen Parlament in der Entschließung vom 10. Februar 2010 gefordert wird.

Die Regelung nach der die Betroffenen lediglich einen Monat „Bedenkzeit“ bekommen und dann nur einen Titel bekommen, wenn sie bereit sind, auszusagen, birgt die Gefahr in sich, dass die Opfer als Zeugen in Strafprozessen instrumentalisiert werden. Der Aufenthaltstitel, den die Betroffenen bekommen sollten, darf nicht etwa auf die Zeit eines laufenden Strafverfahrens begrenzt sein, sondern muss mindestens auf sechs Monate ausgestellt werden, darüber hinaus wird in vielen Fällen ein dauerhaftes Bleiberecht erforderlich sein.

DIE LINKE fordert zudem, dass die Betroffenen in ihrer Sprache über ihre Rechte informiert werden, dass die Beratungsstellen für Opfer ausgebaut und deren Finanzierung gesichert wird und den Beraterinnen und Beratern ein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden wird. Der Zugang zu medizinischer und psychotherapeutischer Versorgung der Opfer muss ebenso wie der Zugang zu Bildungs- und Integrationsmaßnahmen gewährt werden. Die Leistungen, die einem Opfer von Menschenhandel aus einem Nicht EU-Staat nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zustehen, liegen unter dem Existenzminimum. Das ist menschenunwürdig und ist den Opfern von Menschenhandel ebenso wenig wie allen anderen Asylsuchenden zuzumuten. Eine deutliche Erhöhung ist hier dringend erforderlich.

Noch besser wäre selbstverständlich, den Betroffenen eine Arbeitserlaubnis zu gewähren, so dass sie selbstbestimmt für ihren Lebensbedarf sorgen können. Abschließend möchte ich anregen, einen Entschädigungsfonds einzurichten, auf den Betroffene unabhängig von ihrer Zusammenarbeit mit Behörden zugreifen können.
Meine Damen und Herren, dies ist wirklich ein wichtiges Menschenrechtsthema, da sind wir uns wohl alle einig, und ich fordere Sie auf das Abkommen zügig und mit dem angesprochenen weitreichenden Opferschutz umzusetzen. Vielen Dank.