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Europäische Schutzanordnung über die gegenseitige Anerkennung in Zivil- und Familiensachen

Rede von Jörn Wunderlich,

63. Sitzung des Deutschen Bundestages am 06.11.2014,  TOP 25

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/99/EU über die Europäische Schutzanordnung, zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr.606/2013 über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen und zur Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Jörn Wunderlich (DIE LINKE)  - Rede zu Protokoll

Die Europäische Union hat 2011 die Richtlinie über die Europäische Schutzanordnung und 2013 die Verordnung über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen in Zivilsachen verabschiedet. Beide Rechtsakte sollen sich gegenseitig ergänzen und zusammen einen effektiven, europaweiten Schutz der Opfer von Gewalt gewährleisten. Zu diesem Zweck sehen sowohl die Richtlinie als auch die Verordnung Systeme vor, wonach sowohl strafrechtliche als auch zivilrechtliche Gewaltschutzanordnungen der Mitgliedsstaaten auch in den anderen Mitgliedsstaaten der EU anerkannt und die den Opfern gewährten Schutzmaßnahmen auf einen anderen Mitgliedsstaat ausgedehnt werden können. Für die Umsetzung der Richtlinie und für die Durchführung der Verordnung bedarf es Umsetzungs- bzw. ergänzender Durchführungsvorschriften. Die Richtlinie ist bis zum 11. Januar 2015 umzusetzen. Ab diesem Tag gilt auch die Verordnung.

Der vorliegende Entwurf beinhaltet die erforderlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie und zur Durchführung der Verordnung. Die Vorschriften werden danach in einem eigenständigen Gesetz zusammengefasst. Die gemeinsame Umsetzung und Durchführung erscheint angezeigt, weil beide Rechtsakte sich gegenseitig vervollständigen sollen und dieselbe Zielsetzung haben. Außerdem erfolgt sowohl die Umsetzung der Richtlinie als auch die Durchführung der Verordnung im Zivilrecht anknüpfend an das Familienverfahrensrecht und das materielle Gewaltschutzrecht. Eine VO dieser Vorschriften in einem bereits bestehenden Gesetz erscheint dagegen nicht sachgerecht, da insbesondere im FamFG bisher keine Vorschriften zur Umsetzung bzw. Durchführung internationaler Rechtsakte enthalten sind.

Der Gesetzentwurf beinhaltet zum einen Regelungen, die die Anerkennung von Schutzmaßnahmen ermöglichen, die in einem anderen Mitgliedsstaat der EU in Strafsachen erlassen worden sind. Zum anderen regelt er die Ausstellung der Bescheinigung über inländische Gewaltschutzanordnungen, die in anderen Mitgliedsstaaten ohne Vollstreckbar-Erklärungsverfahren vollstreckt werden sollen. Darüber hinaus enthält er Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung von zivilrechtlichen Gewaltschutzanordnungen aus anderen Mitgliedsstaaten. Außerdem wird eine Änderung des FamFG aufgenommen, die das Scheidungsverbundverfahren betrifft. Mit einer Änderung im Rechtsmittelrecht in Ehesachen sollen falsche Rechtskraftzeugnisse zur Ehescheidung vermieden werden.

Da Intention und Inhalt sowohl der Richtlinie als auch der Verordnung zu begrüßen sind und eine EU-rechtliche Pflicht zu deren Umsetzung bzw. Durchführung besteht, ist die Gesetzinitiative grundsätzlich zustimmungsfähig. Da zudem nach bisheriger Prüfung auch keine gravierenden handwerklichen oder inhaltlichen Kritikpunkte offensichtlich erkennbar sind, dürften sich die Beratungen dazu im Ausschuss als nicht sonderlich konträr erweisen. Mit anderen Worten: sachlich und rechtlich geprüft und bislang für gut befunden. Erforderliche marginale Änderungen, die sich möglicherweise noch als notwendig erweisen, können in den anstehenden Beratungen durchgeführt werden.