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Europa retten, nicht die Banken

Rede von Thomas Nord,

Die Bundesregierung behauptet, es gäbe keine Handhabe gegen Krisenprofiteure und für eine Regulierung der Finanzmärkte, weil die EU-Verträge dies nicht zulassen. Wenn das so ist, dann müssen die Verträge verändert werden. Wer europaweit den Sozialabbau gegen die Menschen vorantreibt, der hätte auch die Kraft, Spekulanten zur Kasse bitten. Aber die schwarz-gelbe Bunderegierung hat daran genau so wenig Interesse wie die Europäische Kommission und der Europäische Rat.

Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

DIE LINKE - das ist bekannt - hat als einzige Fraktion gegen das Hilfspaket für Griechenland und gegen den Euro-Rettungsschirm gestimmt. Wir stimmen heute gegen die Hilfsmaßnahmen für Irland; denn auch in diesem Fall schützt der Euro-Rettungsschirm nicht den Euro, sondern die Banken.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese benötigen unsere Hilfe nicht. Unsere Solidarität, Herr Sarrazin, Herr Luksic, gilt den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den Rentnerinnen und Rentnern und den vielen anderen Menschen, die jetzt die Suppe auslöffeln müssen, die sie nicht bestellt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Hier wird gesagt, es gebe keine Handhabe gegen Krisenprofiteure und für eine sofortige Regulierung der Finanzmärkte, die EU-Verträge ließen dies nicht zu. Wir sagen, die Verträge sind in Kernbereichen ohnehin nicht mehr in Kraft und müssen verändert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer jetzt europaweit den Sozialabbau gegen die Menschen vorantreibt, der hätte auch die Kraft, jetzt Spekulanten zur Kasse zu bitten.
Sie sagen, wer nicht hilft, die Banken zu retten, riskiert die politische Stabilität der Europäischen Union. Wir sagen, wer Banken rettet, aber Finanzmärkte jetzt nicht reguliert, der treibt die Europäische Union in eine existenzielle Krise.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Fakten sprechen für sich. Am 6. Mai wurde hier das Griechenland-Paket beschlossen. Die Kanzlerin erkannte eine Notsituation. Sicherlich, Griechenland war in Not. Aber die Ursache war keine Naturkatastrophe. Die Verträge wurden verletzt, geholfen hat es nicht. Am 19. Mai sagte die Kanzlerin, dass der Euro in Gefahr ist. In zwei Wochen wurde aus der Griechenland-Krise eine Euro-Krise. Der Euro-Rettungsfonds wurde installiert. Die Verträge wurden erneut außer Kraft gesetzt und die Krise eben nicht gestoppt. Die Folgen für die betroffenen Staaten waren unabsehbar.
Absehbar jedoch sind sie für die Banken. Sie werden immer auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler saniert. Sie zahlen, wie zum Beispiel die Hypo Real Estate, weiter satte Gewinne und Boni an ihre Aktionäre und Manager. Sie können sich ohne Risiko immer auf Staatshilfen verlassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ausgeblieben ist die Regulierung der Finanzmärkte. Die Debatte über einen zukünftigen Mechanismus zur Krisenbewältigung treibt das Dilemma doch auf die Spitze. Bei der Zinsentwicklung für portugiesische und für spanische Staatsanleihen ist das doch zu beobachten. Es wird behauptet, man komme an die Gewinner der Spekulationen nicht heran. Es sei unmöglich, die irische Regierung zu bewegen, die Dumpingsteuer für Unternehmen anzuheben. Die nationale Souveränität würde eine Steuerharmonisierung behindern. Wo bleibt dieses Argument beim größten Sozialabbau in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg?
Alle europäischen Mitgliedstaaten, die Hilfe benötigen, werden durch EU und IWF genötigt, die Mehrwertsteuer anzuheben, die Löhne zu senken, den Kündigungsschutz abzubauen, das Renteneintrittsalter zu erhöhen usw. Alles ist erlaubt. Nichts hindert die EU und den IWF daran, das durchzusetzen. Wenn aber Profite abgeschöpft werden sollen und Spekulation verhindert werden soll, dann geht in der Europäischen Union gar nichts mehr. So schützt man den Euro nicht vor weiteren Angriffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rettung Irlands ist eben kein unabhängiges Phänomen. Es ist eine Frage der Zeit, bis Portugal fällig wird oder auch Belgien. Portugal soll unter den Schirm, damit Spanien nicht fällt. Schon wird die Forderung nach einer Verdoppelung des Umfangs des Rettungsschirms laut. Nach Spanien kommt Italien, meine Damen und Herren, und was kommt dann?
Wenn der irische Haushalt am 7. Dezember verabschiedet sein wird, wird die dortige Regierung zerbrechen. Was 2008 als Finanzmarktkrise begonnen hat, ist 2010 eine Krise der europäischen Institutionen.
Was auch immer das heißt, eines ist sicher: Wenn es nach Ihnen geht, dann sollen weiterhin die Bürgerinnen und Bürger, diejenigen, die jetzt schon wenig haben, die Zeche bezahlen. Das wird Europa weiter destabilisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen das nicht. Deshalb lehnt die Linke das Finanzpaket für Irland ab. Deshalb fordern wir die Regulierung der Finanzmärkte, fordern wir, die Profiteure der Krise zur Verantwortung zu ziehen, fordern wir eine EU-weite Mindestbesteuerung, fordern wir eine Komplettrevision der europäischen Verträge.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN Oliver Luksic (FDP): Immer gegen Europa!)