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Es lohnt, für die Olympische Idee zu kämpfen

Rede von André Hahn,

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer möchte, dass sich Deutschland nicht bzw. nicht erfolgreich um die Ausrichtung von Olympischen und Paralympischen Spielen bewirbt, der schreibe solche Anträge, wie sie hier die AfD vorgelegt hat.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Unstrittig ist, dass große Sportevents viele Menschen begeistern und dass sie auch Brücken zwischen den Völkern bauen können. Olympische sowie Paralympische Spiele sind etwas Besonderes. Sie sind für viele Athletinnen und Athleten ein, vielleicht der Höhepunkt in ihrem Sportlerleben. Meines Erachtens ist die olympische Idee noch nicht tot. Daher lohnt es sich, für sie zu kämpfen. Das heißt vor allem, gegen die zunehmende Kommerzialisierung und politische Vereinnahmung dieser Spiele vorzugehen.

(Beatrix von Storch [AfD]: „One Love“-Binden zum Beispiel!)

Es geht um Korruption, Missachtung von Menschenrechten und von ökologischen und sozialen Fragen sowie um Größenwahn und Profitgier. Diese beschädigen den Sport.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das führt letztlich auch dazu, dass ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland wie auch in vielen anderen Staaten derzeit gegen die Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen in ihrem Land bzw. ihrer Stadt ist. Insofern kann ich No-Olympia-Initiativen ebenso wie die aktuellen Kampagnen gegen die Fußball-WM in Katar durchaus verstehen, sage aber auch, dass ich persönlich für Dialog statt Boykott stehe.

Ich füge hinzu: Es macht wenig Sinn, darüber zu klagen, dass Olympiaden zunehmend in Diktaturen oder Autokratien stattfinden, wenn sich demokratische Länder dafür gar nicht erst bewerben. Beispiele dafür gibt es genug. Die letzten vier Bewerbungen Deutschlands sind im Übrigen vor allem daran gescheitert, dass die Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Regionen nicht ausreichend mitgenommen wurden. Das aber muss eine Grundvoraussetzung sein, wenn man hierzulande Olympische Spiele austragen will.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt auch derzeit wieder umfassende Debatten im organisierten Sport und in der Bundespolitik über Voraussetzungen und Möglichkeiten für erneute Bewerbungen Deutschlands um die Ausrichtung von Olympischen und Paralympischen Spielen. Da sage ich: Für meine Fraktion ist eine Voraussetzung für eine solche Bewerbung, dass in Deutschland zuvor die gravierenden Defizite bei der Teilhabe am Sport abgebaut werden. Dazu gehört unter anderem eine ausreichende Zahl von gut ausgestatteten und barrierefreien Sportstätten sowie Schwimmbädern für den Schul-, Breiten- und Gesundheitssport.

(Beifall bei der LINKEN)

Solange wir nicht in der Lage sind, den über 30 Milliarden Euro großen Sanierungsstau bei Sportstätten spürbar abzubauen, brauchen wir nicht über die Schaffung neuer olympiatauglicher Stadien nachzudenken. Und solange Bund, Länder und Kommunen in Deutschland keinen vernünftigen Schulsport und Schwimmunterricht absichern können, wird sich meine Fraktion nicht für weitere Olympiabewerbungen engagieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt also wie in den zurückliegenden Jahren immer wieder mit den Fingern auf andere Länder zu zeigen, sollten wir erst mal unsere eigenen Hausaufgaben erledigen.

Im Übrigen – es ist gesagt worden – gehört Deutschland schon jetzt zu den Nationen, die die meisten Sportgroßveranstaltungen austragen; das begrüßen wir auch ausdrücklich. Wir werden zum Beispiel die Special Olympics World Games im kommenden Jahr haben. Das sind sehr gute Entwicklungen. Trotzdem sollten wir daran denken, dass es gut ist, wenn Sportgroßereignisse –

– ich habe es verstanden, Frau Präsidentin – auch in anderen Kontinenten wie zum Beispiel Afrika ausgetragen werden. Auch die Länder dort verdienen ihre Chance.

Die Anträge der AfD werden wir ablehnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)