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Erhöhte Krebsgefahr durch Atomkraftwerke

Rede von Hans-Kurt Hill,

Hans-Kurt Hill (DIE LINKE):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder, die in der Nähe von Atomkraftwerken leben, erkranken doppelt so häufig an Krebs wie Kinder im übrigen Bundesgebiet. Das ist das erschreckende Ergebnis einer Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz. Die Zahlen dieser Untersuchung sind außergewöhnlich gut belegt. Frau Brunkhorst und Herr Nüßlein, an dieser Erkenntnis ist nicht zu rütteln. Die Untersuchung zeigt zwar nicht direkt auf, warum das Leukämierisiko so hoch ist. Der Zusammenhang zwischen erhöhter Krebsgefahr für Kinder und der Nähe des Wohnortes zu einem Atomkraftwerk ist aber methodisch nachgewiesen.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Habe ich auch nicht bestritten, wenn Sie mir zugehört haben!)

Daraus ergeben sich zwei Schlussfolgerungen, Herr Nüßlein: Erstens. Dies ist ein Zufall ‑ was wohl kaum anzunehmen ist. Zweitens. Das Wohnen in der Nähe von Atommeilern verursacht ein erhöhtes Krebsrisiko.

(Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Aber warum?)

Deshalb ist es jetzt unsere Aufgabe, die Aufgabe verantwortlicher Politiker, umgehend Konsequenzen zu ziehen. Wir müssen folgende Fragen neu bewerten: Sind die bisherigen gesetzlichen Grenzwerte noch haltbar? Welche Fakten in der Nähe von Atomkraftwerken müssen beachtet und bewertet werden? Welche Rolle spielen niedrige Strahlenwerte über einen längeren Zeitraum?

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Sie haben mir überhaupt nicht zugehört! Überhaupt nicht!)

Wurden Faktoren beim Normalbetrieb von Atomkraftwerken übersehen? Welche Auswirkung haben die Erkenntnisse auf die Zwischenlagerung und die geplante Endlagerung hochradioaktiver Stoffe?

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist reine Ideologie!)

Ist unter diesen Umständen der Weiterbetrieb solcher Atomanlagen überhaupt noch zu verantworten?

Ich warne an dieser Stelle allerdings vor zwei Dingen:

Erstens. Die Leukämiekranken sind keine statistischen Opfer. Der Zusammenhang zwischen Atomkraft und Krebs ist bedrückend und real. Wer die Ergebnisse der Studie relativiert, nimmt die Leukämieopfer billigend in Kauf.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Niemand tut das!)

Zweitens. Das Unterschreiten gesetzlicher Grenzwerte kann die Gefahr nicht herabsetzen; denn die Erkenntnis der Studie ist: Wir wissen immer noch viel zu wenig über die Gefährlichkeit radioaktiver Strahlung insbesondere aus spaltbaren Materialien.

Geradezu unverantwortlich ist es, wenn jetzt behauptet wird, da die Grenzwerte nicht überschritten würden, gebe es keinen Zusammenhang zu den benachbarten Atomkraftwerken. Jetzt zu behaupten, die Studie liefere keine neuen Erkenntnisse, wie es Frau Kollegin Reiche von der CDU/CSU gleichlautend mit der Atomlobby behauptet, ist geradezu zynisch.

(Angelika Brunkhorst (FDP): Frau Reiche, stimmt das überhaupt?)

Unsere Aufgabe ist es, den Sachverhalt ernst zu nehmen, um jegliche Gefährdung von der Bevölkerung abzuwenden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))

Dazu stellt die Linke drei Forderungen auf:

Erstens. Der zuständige Umweltminister Gabriel wird gebeten, in der ersten Januarsitzung des Umweltausschusses eine umfassende Erklärung darüber abzugeben, welche Konsequenzen die Bundesregierung aus den Erkenntnissen ziehen wird und was die nächsten Schritte sind.

Zweitens. Besorgte Anwohnerinnen und Anwohner von Atomanlagen müssen detailliert über die Situation informiert werden.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Aber bitte nicht von Ihnen!)

Sie müssen die Möglichkeit erhalten, Daten über ihren individuellen Strahlenwert zu bekommen. Es ist heute ohne Probleme möglich, Privatpersonen mit einem persönlichen Strahlenmessgerät auszustatten.

(Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Herr Fell hat das!)

Für jede Person, die das möchte, könnte ein elektronisches Strahlenregister geführt werden. Herr Fell hat das eben schon ausgeführt.

Drittens und letztens: Die Atomanlagen müssen ihren Betrieb in Deutschland schnellstmöglich einstellen. Das verlangen das Vorsorgeprinzip und das Prinzip der Gefahrenabwehr.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Gert Winkelmeier (fraktionslos))